Es begann mit einigen wenigen Familienbetrieben – mittlerweile gehören 27 ökologisch wirtschaftende Betriebe zu dem Erzeugerzusammenschluss Fürstenhof in der Nähe von Rostock. Der Verantwortliche für den Bereich Landwirtschaft, Dr. Christian Littmann, sprach mit praxisnah über die Herausforderung, für Küken, Bruderhähne und Hennen mit einer Legeleistung von in der Summe 2 Millionen Eiern/Woche gutes Futter zu produzieren.
Das Kerngeschäft der Fürstenhof eG mit einer Ackerfläche von ca. 6.000 ha ist auch 22 Jahre nach der Gründung durch die Familie Behrens nach wie vor die Vermarktung von biologisch erzeugten Eiern. Doch nicht nur die Zahl der angeschlossenen landwirtschaftlichen Betriebe, die nach Vorgaben der Bio-Initiative wirtschaften, ist gewachsen: Mittlerweile gehören unter anderem ein Mischfutterwerk, Biogasanlagen, eine der modernsten Brütereien Europas, Photovoltaikanlagen, ein großer Fuhrpark, ein „internes“ Lohnunternehmen (Marktfruchtveredlungs GmbH) dazu. Eine Schälmühle und eine Ölpresse für die Sonnenblumen sind zudem in Planung.
Auf zzt. 16 Betrieben befinden sich Eierfarmen, die anderen haben meist einen ackerbaulichen Schwerpunkt und produzieren die Futterkomponenten. Hinsichtlich der Futterkomponenten hat die Fürstenhof Erzeugergemeinschaft bereits eine Eigenversorgung von 80–85 %. Die Lücke zu 100 % wird durch externe Lieferanten, die dem vorgegebenen Biostandard entsprechen, geschlossen. „Unser Ziel ist eine 100%ige Deckung aus regionaler Erzeugung. Für eine 100%ige Eigenversorgung würden wir jedoch 10.000 Hektar benötigen – die sind in absehbarer Zeit nicht in Sicht”, führt Littmann aus. „Aber die hochpreisigen Futterkomponenten sollen ausschließlich von Mitgliedsbetrieben erzeugt werden. Unsere Schwerpunkte liegen daher auf Weizen mit gut 1.000 ha, Sonnenblumen mit 800–1.000 ha und Leguminosen – Futtererbsen, Soja, Ackerbohnen und Lupinen – mit in der Summe ca. 1.500 ha.“
Klares Vorgehen bei der Festlegung der Fruchtfolge
Die Betriebsflächen liegen überwiegend in einem Umkreis von 150 km, um die Transportwege so kurz wie möglich zu halten. Die Region zeichnet sich durch wechselnde Böden aus, die 500–600 mm Niederschlag fallen überwiegend ab Herbst bis ins Frühjahr hinein. Dann folgt – immer ausgeprägter – eine Frühsommertrockenheit, zunehmend in Kombination mit Hitzetagen. „Eine unserer Dienstleistungen für unsere Betriebe besteht darin, die Fruchtfolgen betriebsspezifisch zu optimieren. Neben ackerbaulichen Aspekten berücksichtigen wir vor allem Boden- und Klimaparameter. Daneben ist natürlich wichtig, welchen Bedarf wir als Erzeugergemeinschaft haben und – last but not least – wie sich die Prämienzahlungen optimieren lassen.“ Gerade bei dem letzten Punkt sei, so Littmann, oft viel „Luft nach oben“. Leguminosen sind besonders im biologischen Landbau nicht nur für die N-Versorgung der Frucht wichtig – sie spielen auch bei der Prämienoptimierung eine wichtige Rolle. „Leider merken wir immer mehr, dass die Ackerbohne zunehmend unter der Hitze in Kombination mit Wasserstress und nachfolgendem Läuseproblem leidet. Wir werden deren Anbaufläche daher zugunsten der Sojabohne weiter reduzieren“, bedauert Littmann. „Früher hatten wir Toperträge mit bis zu 50 dt/ha bei den Ackerbohnen mit den ‚Klassikern’ wie FUEGO, FANFARE und TIFFANY.“
Geschlossenes System mit gewollten Lücken
Ziel ist ein möglichst geschlossenes System. So wird das selbst produzierte Futter im eigenen Mischfutterwerk verarbeitet. Der Hühnertrockenkot landet zu 90 % in den Biogasanlagen, deren Biogassubstrate nach sofortiger Einarbeitung dann ein wertvoller Dünger mit geringerer Geruchsintensität sind. Das Sonnenblumenöl, das nicht zur Futtererzeugung benötigt wird, dient in einem umgerüsteten Schlepper als Brennstoff und verbessert so die CO2-Bilanz. Doch so ganz geschlossen ist das System nicht. „Wir bauen z. B. auch Gerste an, u. a. weil diese sehr gut mit der Frühsommertrockenheit zurechtkommt. Wir verkaufen die nicht selbst verwertbare Gerste an das Unternehmen Ceragreen, fehlende Komponenten beziehen wir dann dort und kaufen bei Bedarf gemeinsam ein. Ceragreen stellt uns auch die fehlenden Lagerkapazitäten zur Verfügung, die wir während der Ernte benötigen“, beschreibt Littmann einige der „gewollten Systemaus- und -eingänge“.
Sonnenblume ist einer der Leistungsträger
800 bis 1.000 ha stehen der Sonnenblume zur Verfügung, deren Presskuchen eine wichtige Futterkomponente darstellt. „Wir haben mit zugekauftem Presskuchen extrem schlechte Erfahrung gemacht – wir hatten einmal bei unserer Qualitätsuntersuchung festgestellt, dass die Ware offensichtlich nicht nach den erforderlichen Qualitätsstandards produziert wurde“, berichtet Littmann. „Der wirtschaftliche Schaden war damals sehr groß. Daher produzieren wir den Presskuchen jetzt möglichst zu 100 % selbst. Und wenn nötig, kaufen wir nur von uns bekannten Betrieben zu.“
Entscheidende Parameter der Sortenwahl: Reife und Korbstellung
„Hier im Nordosten ist eine frühe Abreife sehr wichtig – das gilt auch für Sonnenblumen. Bei der Jugendentwicklung der Sonnenblumen sehe ich wenig Unterschiede zwischen den Sorten. Sehr wichtig ist die Korbstellung: Hängt der Kopf, sammelt sich bei den oft feuchten Bedingungen im Herbst das Wasser und es bildet sich Botrytis. Steht der Kopf zu senkrecht, verursacht Vogelfraß großen Schaden. Wir bevorzugen daher eine mittlere Korbstellung in Kombination mit einer mittleren Pflanzenlänge. Denn der hier oft starke Wind führt bei langen Pflanzen dazu, dass die Köpfe aneinanderschlagen und die Kerne ausfallen. Auch homogene Korbdurchmesser sind bei der Ernte hilfreich.“ In diesem Jahr steht auf 60 ha mit der „AUSTRALIA“ wieder eine SAATEN-UNION Sorte im Anbau, welche diese Kriterien erfüllen soll.
Sonnenblumen sind genügsam und einfach in der Bestandesführung
Die Vorteile des wertvollen Futters Sonnenblume kann Littmann schnell nennen: „Die Sonnenblume ist eine dankbare Kultur. Sie steht bei uns als abtragende Frucht, benötigt keine Düngung, hat eine enorme Wurzelbildung, ist relativ einfach sauber zu halten, entzerrt Arbeitsspitzen und führt zu einer besseren Auslastung der vier Mähdrescher. Zudem ist sie eine beliebte Bienentracht bei den Imkern.“
Alle Reihenkulturen werden mit 50 cm Reihenweite angebaut. Die Legemaschine und die drei kameragesteuerten Hacken haben 12 m Arbeitsbreite, der Striegel 24 m. Es wird ca. 5 Tage nach dem Legen der Sonnenblumen blindgestriegelt und bei 5–10 cm Pflanzenhöhe das erste Mal gehackt; das zweite Mal dann bei ca. 30 cm Höhe in Kombination mit einem leichten Anhäufeln. Das Häufeln verschüttet nicht nur Unkräuter, sondern transportiert auch Nährstoffe zur Pflanze. Kommen diese Maßnahmen rechtzeitig, können Beikräuter ausreichend in Schach gehalten werden. „Dieses Jahr kamen wir nicht rechtzeitig zur ersten Maßnahme – wir werden also mit Melde, Beifuß mit dem äußerst lästigen Gänsefuß das ganze Jahr Probleme haben“, ahnt der Landwirt.
Klimawandel und zukünftige Fruchtfolgen
Immer schon wurde hier experimentiert, um die Fruchtfolgen zu erweitern und zu optimieren. Auf der gesamten Fläche stehen zzt. 20 verschiedene Kulturarten. „Wir wollen Kulturen ausprobieren, von denen wir uns erhoffen, dass sie besser mit Trockenheit und Hitze zurechtkommen. Körnerhirse und Amaranth sind solche Kandidaten. Auch Kichererbsen haben wir schon getestet – mit denen haben wir aber bisher keine ausreichend guten Erfahrungen gemacht. Dadurch, dass wir so viele Kulturen ‚im Rennen haben’ und auch über die nötige Technik verfügen, sind wir jedoch maximal flexibel. DIE typische Fruchtfolge haben wir hier daher nicht.“
Das Gespräch führten Dr. Anke Boenisch, Stefan Ruhnke und Martin Rupnow
Die Bilder wurden von der Erzeugergemeinschaft zur Verfügung gestellt.
Schnell gelesen (Kurzfassung):
Die Erzeugergemeinschaft Fürstenhof, bestehend aus 27 ökologisch wirtschaftenden Betrieben in der Nähe von Rostock, produziert rund zwei Millionen Bio-Eier pro Woche. Ihr Kerngeschäft ist die Vermarktung biologisch erzeugter Eier. In dem nahezu geschlossenen System gibt es zudem ein Mischfutterwerk, Biogasanlagen und moderne Brütereien. Mit 6.000 Hektar Ackerfläche decken sie bereits 80–85 % ihres Futterbedarfs selbst, streben jedoch langfristig eine vollständige Eigenversorgung an.
Besonders wichtig sind dabei Weizen, Sonnenblumen und Leguminosen. Sonnenblumen sind in der Futterproduktion eine Schlüsselkomponente, die wenig Pflege benötigen und eine hohe Wertschöpfung bieten. Durch den Anbau von insgesamt ca. 20 verschiedenen Kulturarten, darunter auch welche, die sich noch in der "Experimentierphase" befinden, bleibt die Fruchtfolge flexibel. Der Klimawandel und zunehmende Trockenheit erfordern eine ständige Anpassung der Anbaupraktiken.