Wir werfen einen Blick in die Bestände: Wie haben sich Weizen, Gerste und Roggen im Frühjahr entwickelt? Sind die Flächen bereit für die Mais- und Sonnenblumenaussaat? Welche Pflanzenschutz- und Düngermaßnahmen sollten aktuell gefahren werden?
Vier unserer Berater aus Nord-, Ost-, West- und Süddeutschland geben Ihnen ein Update aus den Kulturen in ihren Regionen.
Norddeutschland
Daniel Freitag (Östliches Schlesweig Holstein, westliches Mecklenburg-Vorpommern)
"Im Norden entwickeln sich die Bestände sehr unterschiedlich. Saatzeit und die erste Düngergabe haben die Bestände in diesem Jahr sehr beeinflusst. Die Ernte 2021 und der folgenden Aussaat war in vielen Regionen eine Herausforderung. Aber auch der Winter und das Frühjahr war sehr nass. Noch immer findet man „abgesoffene“ Flächen wo die Pflanzen einfach abgestorben sind.
Die ersten Düngergaben mussten durch mangelnde Befahrbarkeit immer wieder verschoben werden. Die dann folgenden kühlen Bedingungen - die zwar niederschlagsreich und mit guter Sonneneinstrahlung waren - haben die Vegetation sehr verlangsamt. Das Gute dabei: Die Pflanzen konnten in Ruhe bestocken. Das führt selbst bei dünnen Beständen noch zu ausreichend Trieben pro Quadratmeter.
In diesem Jahr haben Praktiker vermehrt ihre dünnen Bestände mit Walzen oder auch Striegeln sehr gut fördern können. Auch zeigt sich derzeit in den Getreidebeständen, ob die Ackerfuchsschwanz-Maßnahme erfolgreich war. Auf den Flächen werden derzeit die ersten Einkürzungsmaßnahmen, inkl. Fungizid durchgeführt. Gerade die frühen Gersten wie SU ELLEN oder auch SU MIDNIGHT sollten diese Woche spätestens behandelt werden.
Im Weizen wurde bislang häufig der Hybridweizen behandelt. Hier gilt es die Apikaldominanz des Haupttriebes zu unterdrücken. Aber auch der früh gedrillter Weizen wurde um Ostern herum behandelt. Im Norden läuft derzeit die Sonnenblumen- und Maisaussaat auf Hochtouren.
Über mangelnde Feuchtigkeit kann man sich bislang noch nicht beschweren. Gerade auf den schweren Böden sollte daher mit der Bodenbearbeitung zur Maisaussaat abgewartet werden. Alle Sommerungen laufen auf und die Reihen sind oft schon gut erkennbar. Insgesamt können wir bislang mit der Witterung und den Beständen zufrieden sein. Nur an der Küste oder auch an den Binnengewässern haben die Wildtiere mal wieder ihre Spuren hinterlassen. Für die Tiere sicherlich ein Paradies, aber wenn man von der Fläche leben muss, dann ist das mehr als ärgerlich."
Westdeutschland
Maik Seefeldt (Nördliches Niedersachsen)
„Das Wintergetreide hatte vielerorts nicht den optimalen Start. Nach einer späten Ernte fehlte zum Teil die Zeit für die Vorbereitung und die neue Saat musste nass und spät gedrillt werden. Ein Blick über die Felder zeigt daher eine ungleichmäßige Entwicklung der Bestände. Die früheren Saaten kommen dabei besser weg. Überall ist die Vegetation noch etwas hinterher und der Raps leidet unter den kalten Temperaturen. Mit den letzten Niederschlägen und den zu erwartenden steigenden Temperaturen werden die Bestände einen Schub erfahren und die Nährstoffe mobilisieren.
Die Gerste hungert aktuell am meisten und zeigt auf einigen Schlägen Manganmangel auf. Virosen und Krankheiten sind ansonsten auch in Niedersachsen kein großes Thema.
Der Roggen zeigt sich in dieser Vegetation wieder als das robusteste Getreide, welches zu keinem Zeitpunkt der Vegetation einen Mangel aufgezeigt hat und die widrigen Bedingungen am besten wegsteckt. Auch der Vergleich zwischen Liniengetreide und Hybridweizen beeindruckt im Feld! Trotz der deutlich reduzierten Aussaatstärke im Hybridweizen sind optisch kaum Unterschiede zu sehen.
Das Sommergetreide konnte unter guten Bedingungen zum optimalen Zeitpunkt gedrillt werden. Bei den Zuckerrüben wird der Auflauf erwartet. Ob die frostigen Nächte einen Schaden hinterlassen bleibt abzuwarten. Die Maisaussaat wird in den nächsten Tagen beginnen. Die Vorbereitungen laufen zur Zeit auf Hochtouren. Lediglich die Bodentemperaturen könnten für einen zügigen Auflauf etwas höher sein."
Ostdeutschland
Roy Baufeld (Thüringen)
„Entgegen der doch eher frustrierenden und schlechten Stimmung in der Landwirtschaft aufgrund der aktuell vorherrschenden politischen Themen, ist die ackerbauliche Lage aktuell eher entspannt und entschleunigt. Wir erleben eine außergewöhnliche normale Situation in dieser Jahreszeit wie wir sie viele Jahre nicht erlebt haben. Das Wetter ist nass und kalt. Die Bestände wachsen langsam, aber sie wachsen. Dies gibt auch den bisher schlechter entwickelten Beständen die Chance, sich zu erholen und zu regenerieren. Virosen sind fast kein Thema und Schädlinge sind aktuell kaum zu finden. Auch die Frühjahrsbestellung hat entgegen der Befürchtung vieler gut und unkompliziert funktioniert. Einzig die Wintergerste ist vielerorts von Nährstoffmangel gezeichnet und kämpft mit Krankheitsdruck wie Blattflecken und Mehltau. Aber auch hier kann die erste Fungizidmaßnahme gut für eine nachhaltige Bekämpfung aushelfen.“
Süddeutschland
Franz Unterforsthuber (Südbayern)
„Nach einer längeren Phase mit Trockenheit und kaltem Ostwind erholen sich nach Niederschlägen und langsam steigenden Temperaturen die Kulturen. Das Getreide hat überwiegend gut überwintert und Krankheiten oder Virosen spielen noch keine große Rolle. Schädlinge treten bei Raps im Bereich der Schadschwelle auf. Späte Fröste haben den früh gesäten Zuckerrüben zugesetzt. Durch die einerseits hohen Konsumpreise und die andererseits sehr hohen Energie- und Düngerkosten wird die Frühjahrsaussaat beeinflusst: Landwirte greifen etwas mehr zu stickstoffextensiven Kulturen.
Neben den ausgeweiteten Flächen für Sommergetreide stoßen auch „Exoten“ wie Sommerraps oder Sonnenblume auf Interesse. Den größten Zuwachs feiert allerdings die Sojabohne. Bei Körnermais ist eine Reduktion der Flächen zu erwarten, da die Verfügbarkeiten und Preise für Gas zur Trocknung im Herbst zur Verunsicherung führen. Die Wertigkeit für organische Dünger steigt: ein Plus für Biogasunternehmen, die ansonsten mit den hohen Konsumpreisen für Getreide zu kämpfen haben.
In der Schweinefleischproduktion ist die Stimmung trotz steigender Preise aufgrund der hohen Produktionskosten getrübt. Viele haben unter dem Preisdruck bei steigenden Anforderungen aufgegeben oder die Schweinebestände stark reduziert.
Etwas besser sieht die Situation in der Milchproduktion aus. In einigen Fällen wurde die 50 Cent Marke für den Liter Milch bei den konventionellen Betrieben geknackt.“
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