Die Fachberater Daniel Freitag, Michael Robert, Thomas Möbius und Franz Unterforsthuber blicken auf eine bewegte Saison in ihrer Region zurück. Jedes Vegetationsjahr ist besonders - das gilt natürlich auch für 2024.
Der Norden: Gutes Timing zahlte sich aus, Sommerungen überraschten
Fachberater Daniel Freitag
Nach ungünstigen Erntebedingungen 2023 mit erheblichen Fallzahlproblemen im Weizen verlief die frühzeitige bis normale Aussaat bis zum 28. September wettertechnisch problemlos. Auf Ungrasstandorten im Norden (Ackerfuchsschwanz) und im Osten (Weidelgräser) wurde auf spätere Aussaaten gesetzt, um die Schadgräser besser zu regulieren. Normalerweise ist die spätere Aussaat ein sehr geeignetes Instrument, 2023 ging der Plan jedoch nicht auf, denn ab Mitte Oktober regnete es nur noch. Die Folgen der späteren Aussaat in teilweise kaum befahrbaren Böden waren gerade im Norden über das ganze Jahr sichtbar – wenn eine Saat überhaupt möglich war. Der späte Weizen sah – außer auf den leichten Standorten – alles andere als zufriedenstellend aus, während die früh bestellten Bestände sich optimal entwickelten. Spätestens zu Weihnachten konnte man sich auf den wassergesättigten Standorten von einer Winterung verabschieden. Schlussendlich wurden auf so vielen dieser Flächen Sommerungen angebaut, dass Saatgut von Hafer, Sommergerste, Ackerbohnen und Körnererbsen teilweise knapp wurde.
Das Frühjahr wurde herausfordernd, denn richtig trocken wurde es erst Anfang März. Viele mussten oder wollten jedoch schon früher auf die Flächen. Tiefe Spuren und verdichtete Böden waren das Resultat – zum Teil sind sie heute noch sichtbar. Vom 5. bis 10. März gab es ein paar schöne Tage, an denen die Felder befahren konnte. Das Arbeitszeitfenster für die Bodenbearbeitung zur Saat der Sommerungen bzw. für Düngung und Pflanzenschutz war extrem kurz – nicht alle Flächen konnten bearbeitet werden. Aber im Nachhinein betrachtet hat sich die frühzeitige Arbeit gelohnt. Denn ab Ende März regnete er wieder sehr viel und zunächst kam keine Kultur in die Gänge.
Bestes trocken-warmes Wetter im April führte zu einer zügigen Rapsblüte, wobei die Pflanzen recht kurz blieben. Die Aussaat der Ackerbohnen streckte sich je nach Region von März bis Mai.
Ende April zeigten in Mecklenburg-Vorpommern die früh gedrillten Gerstenbestände zum Teil erhebliche Schäden durch das Gelbverzwergungsvirus, da auf vielen Flächen die Blattlausbekämpfung versäumt wurde. Hinzu kam in den Frühsaaten ein deutlicher Befall von Ackerfuchsschwanz.
Die Pflanzen hatten durch die hohe Wassersättigung der Böden vor allem auf den weniger gut bestellten Flächen kaum Wurzeln gebildet. Eine flächendeckende Frühsommertrockenheit wie in den Vorjahren hätte fatale Folgen gehabt. Lediglich in Richtung Brandenburg wurde es in der Kornfüllungsphase trocken und sehr heiß, was auf den leichten Standorten zu einem schnellen Zusammenbruch der Bestände führte.
Auf leichten Böden wurde besser gedroschen
Die Wintergerste drosch zwar gut, lieferte aber nur schwache hl-Gewichte. Mit Roggen und Weizen waren gerade auf den sehr guten Standorten die Erträge nicht zufriedenstellend. Beim Weizen fehlte zudem das Protein, aber auch die Tausendkornmasse war sehr bescheiden. Die Sommerungen überraschten in der Regel mit zufriedenstellenden Erträgen.
Im Schnitt wurde auf den leichteren Böden tendenziell besser gedroschen als auf den schweren. Allerdings fehlte es überall an Protein, was nicht nur an der Düngeverordnung lag, sondern ebenso an der schlechten Wurzelentwicklung und der damit verbundenen reduzierten Nährstoffaufnahme. Bestände nach Leguminosen lieferten meist nicht nur die besseren Erträge, sondern auch die höheren RP-Gehalte. Sorten, die ertragreich interessant und zudem stark im Proteingehalt sind (z. B. SU MAGNETRON), werden daher zukünftig deutlich stärker nachgefragt werden.
Witterungsbedingt war der Krankheitsdruck im Getreide in diesem Jahr größer als in den trockenen Vorjahren, in denen viele Fungizid-Maßnahmen nicht nötig waren. In der letzten Vegetationsperiode jedoch waren viele beim Pflanzenschutz zu zurückhaltend und haben zudem krankheitsanfällige Sorten angebaut. 2024 konnten gesunde Sorten ihre Vorzüge ausspielen.
Auch im Osten: Sommerungen als Trumpf
Fachberater Thomas Möbius
Auch in den ostdeutschen Bundesländern wurde die Aussaat der Winterungen im letzten Jahr durch die feuchte Witterung erschwert. Viele Flächen konnten daher im Herbst nicht mehr bestellt werden und man entschied sich zwangsläufig für Sommerungen als Alternative. Bei diesen stockte die Aussaat zumindest auf den schweren Böden im Februar aufgrund zu hoher Bodenwassergehalten, könnte aber im März fortgesetzt werden.
Mehr Sonnenstunden: Besonders die Sommerungen profitierten davon
Trotz der regelmäßigen Niederschläge und einer nur relativ kurzen Trockenperiode von zwei Wochen im März schafften es die Winterungen nicht, überdurchschnittliche Erträge zu generieren. Die Sommerungen hingegen nutzten die Witterung und konnten gute bis sehr gute Erträge generieren. Die Bundesländer im Osten hatten im Sommer 2024 zwischen 40 und 90 Sonnenstunden mehr als 2023. Zusammen mit dem zeitigen Vegetationsbeginn und den steigenden Temperaturen ab dem 20.01. konnten davon besonders die zeitig gedrillten Sommerungen profitieren.
Knackige Kahlfröste im April schädigten die Gerste
Die Kahlfröste im April mit bis zu -13 °C im Flachland und -16 °C im Gebirge und die feuchte Witterung waren insbesondere für die Leguminosen eine Herausforderung. Bei den Wintererbsen hat die Sorte FEROE die angegebene Winterhärte bestätigt. Die Fröste hinterließen jedoch Schäden in den frühen Gerstenbeständen.
Der Raps als Sorgenkind
Der hohe Schädlingsdruck im Raps durch Läuse und Rapserdfloh führte dazu, dass Insektizidmaßnahmen zur Ertragsabsicherung teilweise über die Wirtschaftlichkeit hinaus durchgeführt wurden. Der Aussaatzeitpunkt des Raps spielte dabei eine große Rolle für die Etablierung starker, widerstandsfähiger Bestände. Zeitig gedrillte Bestände könnten die wüchsigen Bedingungen optimal nutzen und haben den Zuflug der Rapserdflöhe besser überstanden als spät gedrillte Bestände. Diese wurden teilweise im Keimblatt vom Rapserdfloh aufgefressen. In einigen Regionen wurde mit Untersaaten im Raps experimentiert. Dafür kamen insbesondere Bockshornklee und Ackerbohne infrage. Bockshornklee wird eine vergrämende Wirkung gegen Rapserdfloh nachgesagt und so war dieser Hauptbestandteil der Untersaaten. Die Kleebestände waren jedoch so wüchsig, dass sie den Raps überwuchsen, der dadurch in seiner Herbstentwicklung behindert wurde.
Auch im Westen: Winterungen enttäuschen, Sommerungen überzeugen!
Fachberater Michael Robert
Die Aussaat von Weizen, Triticale und Roggen wurde 2023 vielerorts durch den Regen verhindert, teilweise standen die Flächen unter Wasser. Oft litten auch die gedrillten Bestände unter den hohen Bodenwassergehalten – insgesamt standen so zur Ernte 2024 z. B. 20 % weniger Weizen im Feld. Die durch unterbliebene Aussaat oder Umbruch freien Flächen wurden dann ersatzweise mit Sommerweizen, -gerste, -hafer und vor allem Mais bestellt.
Winterungen: Bis in den Mai hinein gab es überdurchschnittliche Regenfälle, allerdings gepaart mit überdurchschnittlichen Temperaturen. Am 21. April jedoch versetzte ein außergewöhnliches Wetterphänomen die Rapsanbauer in Sorge: Im Dreiländereck Westfalen, Niedersachsen und Hessen fielen bis zu 10 cm Schnee – mehrere Tausend Hektar Raps wurden davon in der beginnenden Blüte getroffen. Die Folgen waren Lagerstellen und teilweise abgebrochene Stängel, die zu erheblichen Ertragseinbußen führten. Glücklicherweise bewahrheiteten sich die anfänglich sehr negativen Prognosen nicht vollständig.
Die feucht-warme Frühjahrswitterung sorgte für ein starkes Auftreten von Pilzkrankheiten in allen Getreidearten. Insbesondere Braunrost war ungewöhnlich früh in Weizen und Roggen zu finden und konnte sich im weiteren Verlauf epidemisch verbreiten. In den meisten Fällen war ein intensives Behandlungsregime mit bis zu vier Fungizidmaßnahmen nötig, um die Sache im Griff zu behalten. In unbehandelten Versuchen gab es je nach Sorte bis zu 50 % Ertragseinbußen. Bei Sorten mit züchterischem Schwerpunkt auf Gesundheit lagen die Einbußen nur bei etwa 20 %.
Da es in dieser Saison fast nirgendwo zu trocken war, lagen die Erträge auf den leichteren Standorten auf durchschnittlichem Niveau. Auf besseren Böden blieben die Erträge aller Wintergetreidearten jedoch oft deutlich hinter den Erwartungen zurück. Auch der Raps enttäuschte meist und lieferte bei guten Ölgehalten niedrige Erträge von etwa 35 dt/ha ab.
Sommerungen: Auch die Bestellung der Sommerkulturen war durch hohe Bodenfeuchte herausfordernd und zog sich teils bis Ende Mai hin. Durch die warme Witterung liefen die Bestände jedoch zügig auf. Insgesamt konnten die Sommerungen von der Witterung im Wachstumsverlauf profitieren. Dies sorgte vor allem für volle Maissilos und eine Körnermaisernte auf Langzeithoch. Auch Ackerbohnen, Hafer oder Gerste konnten teilweise Rekorderträge bei ordentlichen Qualitäten erzielen.
Die Aussaat im Herbst 2024 verlief i. d. R. unkompliziert, wodurch sich die Anbauverhältnisse wieder normalisiert haben. Insgesamt wurde ersten Einschätzungen zufolge sogar mehr Wintergetreide gedrillt als im Herbst 2022.
Der Süden: Für Raps und Soja lief es sehr gut!
Fachberater Franz Unterforsthuber
Das Vegetationsjahr 2023/24 war geprägt durch einen zunächst trockenen Herbst 2023, gefolgt von einem nass-milden Winter, einem feuchten Frühjahr, meist trocken-heißen Sommer und feuchten Herbst 2024.
Durch die oft kräftigen Niederschläge über den Winter und im Frühjahr war die Bodenstruktur und damit die Wasserleitfähigkeit der Böden gefordert. Auf leichten Standorten kam es zu Stickstoffauswaschung. Hinzu kam ein deutlich erhöhter Schädlings- und Krankheitsdruck über die Wintermonate.
Die konstante Nässe in den Böden führte zu einer schwachen Wurzelausbildung bei den Winterungen mit negativen Folgen für die Nährstoffaufnahme und die Resilienz der Bestände. Der feucht-warme Winter begünstigte die Blattlauspopulationen und das Verzwergungsvirus trat bei Wintergerste verstärkt auf.
Starkniederschläge Anfang Juni v. a. südlich der Donau verursachten auf schweren Böden Staunässe, was die Nährstoffaufnahme behinderte. In der Folge reiften auf diesen Standorten die Bestände sehr schnell ab, bildeten nur schwache HL-Gewichte aus und blieben ertraglich 10–20 % unter den Erwartungen. Trotz der schwachen Erträge konnten auch die Rohproteingehalte nicht überzeugen.
Für die meisten Sommerungen ein gutes Jahr
Das Sommergetreide hatte weitgehend gute Voraussetzungen für seine Bestandsbildung und lieferte mit Ausnahme von Trockenregionen meist gute Ergebnisse. In vielen wintermilderen Regionen im Süden hat sich die späte Herbstaussaat von Sommergerste etabliert. Die Herbstaussaat kann jedoch nur erfolgreich sein, wenn die Bodenstruktur in Ordnung ist.
Der Raps ist im Süden mit den Bedingungen mit häufig über 5 t/ha Ertrag weitgehend gut zurechtgekommen. Auch die Sojabohne erreichte diese Spitzenerträge v. a. in klimatisch milderen Lagen im Süden mit ausreichend Niederschlag zur Blüte und anschließend hoher Temperatursumme zur sicheren Abreife.
Die Maiserträge waren in diesem feuchten Jahr wieder sehr stark strukturbeeinflusst. Die Durchwurzelung einer guten Zwischenfrucht vermindert Staunässe und dient als Wegbereiter für den Mais. Die Erträge waren weitgehend zufriedenstellend, auf schweren Böden wurden die Erwartungen oft nicht ganz erfüllt. Eine schwächere Wurzelausbildung beschleunigt die Abreife und in typischen Befallslagen trat verstärkt die HTR-Blattdürre auf. Gefreut haben sich in diesem Jahr die Besitzer von Maistrocknungsanlagen – sie konnten Geld verdienen. Die Auslastung war mit Kornfeuchten von meist knapp über 20 % gut und die Saison verlief entspannt.