Beikrautregulierung – welchen Einfluss hat die Sorte?

Beikrautregulierung – welchen Einfluss hat die Sorte?

Im ökologischen Landbau basiert die Beikrautregulierung im Wesentlichen auf zwei Säulen: den vorbeugenden ackerbaulichen Maßnahmen und den direkten Maßnahmen wie beispielsweise mechanische Verfahren. Nur ein Zusammenspiel dieser führt zum Erfolg. Welchen Einfluss dabei die Sorte hat, beschreibt Markus Mücke, FB Ökolandbau, Landwirtschaftskammer Niedersachsen.

Im Ökolandbau wird eine Verkrautung unterhalb der Schadensschwelle in der Regel toleriert und als Begleiterscheinung angesehen. Deshalb wird statt Unkräuter eher die Bezeichnung Beikräuter oder Wildkräuter verwendet. In diesem Zusammenhang hat die nachweislich höhere Dichte und Vielfalt an Beikräutern auf ökologisch bewirtschafteten Flächen eine wesentliche Bedeutung für die Stabilität des Agrarökosystems sowie für die Erhaltung der Artenvielfalt.

Im konventionellen Ackerbau führten über sehr lange Zeit hochwirksame Herbizide dazu, dass ackerbauliche und besonders mechanische Maßnahmen zur Beikrautregulierung kaum angewendet wurden. Seit geraumer Zeit rücken diese aber aufgrund von Wirkungslücken der Herbizide, dem Verbot von Wirkstoffen und sonstigen Beschränkungen in z. B. Wasserschutzgebieten zweifellos wieder in den Mittelpunkt. Für die Umsetzung wirksamer Maßnahmen hilft der Blick zum Ökolandbau, denn dort haben vorbeugende ackerbauliche Maßnahmen eine hohe Priorität. Denn auch hier – wie im konventionellen Anbau –reicht es nicht aus, sich alleine auf eine Maßnahme zu verlassen.

Von diesen zahlreichen im Ökolandbau eingesetzten und weitgehend bekannten ackerbaulichen Maßnahmen (s. Extrakasten) soll hier besonders auf die Sortenwahl eingegangen werden.


linke Sorte mit planophiler Blatt stellung (gute Beschattung) rechte Sorte mit erectophiler Blattstellung (mäßige Beschattung); Bild Mücke
linke Sorte mit planophiler Blatt stellung (gute Beschattung) rechte Sorte mit erectophiler Blattstellung (mäßige Beschattung); Bild Mücke


Wichtige Sorteneigenschaften zur Beikrautunterdrückung

Über die Bodenbedeckung und Beschattung kann die Kulturpflanze einen entscheidenden Einfluss auf die Entwicklung der Beikräuter nehmen: Je früher und intensiver nach dem Auflaufen der Kulturpflanze die Bedeckung und Beschattung der Wildpflanzen eintritt, desto intensiver ist die unterdrückende Wirkung.

  • Massebildung und Frohwüchsigkeit in der Anfangs- undJugendentwicklung: Sorten mit einer frühen und überdurchschnittlichen Frohwüchsigkeit bzw. Massebildung in der Jugendentwicklung und in der Schossphase, haben einen Wachstumsvorsprung und überwachsen so die Beikräuter.
  • Blattstellung: Breite, herabhängende Blätter (planophile Blattstellung) führen zu einer frühen und guten Beschattung der uner­wünschten Beipflanzen. Im Gegensatz dazu führen steil stehende, schmale Blätter (erectophile Blattstellung) zu einem höheren und längeren Lichteinfall in den Getreidebestand, wodurch die Beikräuter im Wachstum begünstigt werden.
  • Pflanzenlänge: Langstrohige Getreidesorten können Beikräuter besser überwachsen und unterdrücken als Sorten mit kurzer Halmlänge.

Ackerbauliche Maßnahmen im Rahmen der Beikrautregulierungsstrategie:

  • weitgestellte Fruchtfolge mit einem Wechsel von Sommerungen und Winterungen, sowie von Blatt- und Halmfrüchten; Integration von Kleegras, Zwischenfrüchten, Untersaaten in der Fruchtfolge; Anbau von Mischkulturen
  • wenn möglich spätere Aussaattermine bei Wintergetreide ab Ende Oktober bis November
  • dichtere Getreidebestände durch höhere Aussaatstärken
  • ein Scheinsaatbett etwa zwei bis drei Wochen vor der geplanten Aussaat: Stimulation der Beikrautsamen; mechanische Regulierung vor der eigentlichen Aussaat der Kultur
  • Hohe Nährstoffversorgung, insbesondere mit Stickstoff, vermeiden: Konkurrenzvermögen der Beikräuter wird durch zu viel Nährstoffe mehr gefördert als das der Kulturpflanzen.
  • Sortenwahl: gezielte Nutzung des Konkurrenzvermögens der Kultur gegenüber Beikräutern

Öko-Landessortenversuche geben Informationen

Die Merkmale Massebildung, Bodendeckungsgrad und Blattstellung werden zusätzlich in den Öko-Landessortenversuchen erfasst. Die Ergebnisse belegen bei den meisten Getreidearten und weiteren Kulturarten teilweise deutliche Sortenunterschiede. Auch in den Öko-Wertprüfungen des Bundessortenamtes (BSA) werden für Winter- und Sommergetreide der Bodendeckungsgrad und die Massebildung standardmäßig bonitiert.


Auch die Züchtung ist aktiv

Vor allem in der Öko-Getreidezüchtung gehört das Beikrautunterdrückungsvermögen der Sorten zu einem wichtigen Züchtungsziel. Es stehen bereits Sorten zur Verfügung, die ein hohes Beschattungsvermögen und eine ausgeprägte Frohwüchsigkeit und Pflanzenlänge besitzen. Unter ökologischen Anbaubedingungen ermöglichen diese Sorten eine Reduzierung des Striegeleinsatzes bis hin zu einem gänzlichen Verzicht.


Versuche zur Beikrautunterdrückung

Getreidesorten, die eine hohe und frühe Bodenbedeckung, Frohwüchsigkeit und planophile Blattstellung kombinieren, können Beikräuter sehr gut unterdrücken. Dies zeigen auch Versuchsergebnisse des Fachbereichs Ökolandbau der LWK Niedersachsen. In den Jahren 2020 und 2021 wurde am Öko-Versuchsstandort Klein-Hilligsfeld (Landkreis Hameln) in einer randomisierten Versuchsanlage mit vierfacher Wiederholung das Beikrautunterdrückungsvermögen bei Wintertriticale und -weizen bonitiert. Bewertet wurden die Bodenbedeckung, die Massebildung und die Blattstellung der Sorten in den Entwicklungsstadien ab der Bestockung bis zum Ende des Schossens. Da der Windhalm auf den Versuchsflächen dominierte, wurde die Bonitur des Beikrautdeckungsgrades ausschließlich auf diesen ausgerichtet. Ein Striegeleinsatz zur Beikrautregulierung fand im Versuchsjahr 2020 nicht statt. Im Jahr 2021 kam der Striegel nach Vegetationsbeginn einmal in der Bestockungsphase des Getreides zum Einsatz.

Triticale: Die Sorten Trisem, TULUS und Cedrico fielen im Jahr 2020 mit einer vergleichsweise hohen Bodendeckung, einer überdurchschnittlichen Massebildung und planophilen Blattstellung auf. Bei diesen drei Sorten liegen die Windhalmdeckungsgrade entsprechend auf einem auffallend niedrigen Niveau. Dagegen weisen die Sorten Ozean, Belemac und Belcanto deutlich schwächere Beschattungsmerkmale auf, was zu höheren Windhalm-Deckungsgraden geführt hat. Auch 2021 unterdrückten Trisem und TULUS den Windhalm sehr gut. Die neu hinzugekommenen Sorten Kitesurf und Ramdam bewegen sich auf einem vergleichbar hohen Niveau. Bei Belemac und Belcanto führt die schwache Beschattung erneut zu höheren Windhalm-Deckungsgraden.


Auswirkung von Blattstellung und Massebildung von Triticalesorten auf die Windhalmentwicklung
Auswirkung von Blattstellung und Massebildung von Triticalesorten auf die Windhalmentwicklung


Winterweizen: 2021 wurde die gleiche Fragestellung bei Winterweizen untersucht (Abb. 3, Seite 21). Hier fielen besonders die beiden Öko-Züchtungen Aristaro und Sarastro mit einer ausgeprägten Frohwüchsigkeit, Blattstellung und Pflanzenlänge und entsprechend niedrigen Windhalm-Deckungsgraden sehr positiv auf. Dagegen zeigen Chevignon, Moschus, Purino und besonders Gentleman Schwächen bei den Beschattungsparametern und entsprechend höhere Windhalmdeckungsgrade. Die Datengrundlage aus diesen Versuchen ist jedoch noch vergleichsweise gering, die Ergebnisse sind daher nur als Trend bewertbar.


Auswirkung von Blattstellung und Massebildung von Weizensorten auf die Windhalmentwicklung
Auswirkung von Blattstellung und Massebildung von Weizensorten auf die Windhalmentwicklung


Fazit

Die Sortenwahl kann einen Beitrag zur Beikrautunterdrückung leisten. Es sollte auf langwüchsige Sorten mit einer möglichst schnellen Jugendentwicklung und einer frühen und hohen Bodenbedeckung durch eine planophile Blattstellung geachtet werden. Wünschenswert ist, dass diese Merkmale künftig nicht nur bei den Öko-Landessortenversuchen, sondern auch in den konventionellen Sortenversuchen und Wertprüfungen bonitiert werden, um so eine größere Datengrundlage für die Sortenwahl zu erhalten.


Schnell gelesen (Kurzfassung):

Von diesen zahlreichen im Ökolandbau eingesetzten und weitgehend bekannten ackerbaulichen Maßnahmen geht Mücke in seinem Betrag besonders auf die Sortenwahl ein.

Wichtige Sorteneigenschaften zur Beikrautunterdrückung sind die Bodenbedeckung und Beschattung: Je früher und intensiver nach dem Auflaufen der Kulturpflanze die Bedeckung und Beschattung der Wildpflanzen eintritt, desto intensiver ist die unterdrückende Wirkung.

Bodenbedeckung und Beschattung ergeben sich aus folgenden Parametern:

  1. Massebildung und Frohwüchsigkeit in der Anfangs- und Jugendentwicklung: Sorten mit einer frühen und überdurchschnittlichen Frohwüchsigkeit bzw. Massebildung in der Jugendentwicklung und in der Schossphase, haben einen Wachstumsvorsprung und überwachsen so die Beikräuter.
  2. Blattstellung: Breite, herabhängende Blätter (planophile Blattstellung) führen zu einer frühen und guten Beschattung der uner­wünschten Beipflanzen. Im Gegensatz dazu führen steil stehende, schmale Blätter (erectophile Blattstellung) zu einem höheren und längeren Lichteinfall in den Getreidebestand, wodurch die Beikräuter im Wachstum begünstigt werden.
  3. Pflanzenlänge: Langstrohige Getreidesorten können Beikräuter besser überwachsen und unterdrücken als Sorten mit kurzer Halmlänge.


In Versuchen mit vierfacher Wiederholung wurde das Beikrautunterdrückungsvermögen bei Wintertriticale und -weizen bonitiert. Bewertet wurden die Bodenbedeckung, die Massebildung und die Blattstellung der Sorten in den Entwicklungsstadien ab der Bestockung bis zum Ende des Schossens. Da der Windhalm auf den Versuchsflächen dominierte, wurde die Bonitur des Beikrautdeckungsgrades ausschließlich auf diesen ausgerichtet.

Sowohl bei Triticale also auch bei Weizen konnten frohwüchsige Sorten mit planophiler Blattstellung das Beigras wirkungsvoll unterdrücken.

Die Datengrundlage aus diesen Versuchen ist jedoch noch vergleichsweise gering, die Ergebnisse sind daher nur als Trend bewertbar.