In Zeiten von eingeschränkt möglichen Düngungs- und Pflanzenschutzmanagement und oft knappen Wasserressourcen werden die Kulturarten immer interessanter, die mit diesen „verschärften“ Bedingungen gut zurechtkommen. Dies gilt in besonderem Maße für Hybridweizen, der daher für immer mehr Regionen in Deutschland interessant wird. Da das Saatgut relativ teuer ist, werden in der Praxis die Saatstärken konsequent heruntergefahren. Wie weit kann man dabei ohne Ertragsverluste gehen? Marieta Hake, Produktmanagerin für Hybridgetreide, stellt die Ergebnisse der Sonderprüfung für Hybridweizen vor.
Die Hybridweizensorten sind besonders für Weizen-Grenzstandorte geeignet: Sie nutzen erwiesenermaßen die gegebenen Ressourcen wie Wasser und Stickstoff besser und effizienter als Linienweizensorten.
Die Aussaatstärken von Hybridweizen haben sich in der Praxis, im Gegensatz zu Linienweizen, bei 100–150 Kö/m² etabliert. Der Hauptgrund dafür ist der Preis des Saatgutes: Aufgrund der aufwendigen Zucht und Vermehrung ist Hybridweizensaatgut teurer als das des Linienweizens. Da das Kompensationsvermögen des Hybridweizens immens ist, ist diese Praxis so normalerweise auch machbar. Doch auch für Hybriden gilt: Nicht jede Sorte reagiert auf Anbau- und Umweltbedingungen gleich. Und wie genau lassen sich die Unterschiede zum Linienweizen beschreiben? Um diesbezüglich genauere Erkenntnisse zu bekommen, wurde vor einigen Jahre damit begonnen, die Sonderprüfung Hybridweizen aufzubauen. Über zehn Standorte verschiedener Bodengüte in verschiedenen Regionen Deutschlands wurden aktuelle Hybridweizen-Sorten drei marktbedeutenden Liniensorten gegenübergestellt. Im Versuchsjahr Ernte 2022 wurden die Liniensorten mit der ortsüblichen Aussaatstärke von 270 Kö/m² ausgedrillt, während es bei den Hybridweizensorten 100 bzw. 150 Kö/m² waren. Als etablierte Hybridweizensorten standen SU HYVEGA und SU HYMALAYA im dritten Jahr in der Prüfung, hinzu kamen erstmalig auch neue Hybridsorten. Um auch den Aspekt der begrenzten Düngung abbilden zu können, wurde die Düngung auf 190 kg N/ha inklusive Nmin begrenzt.
Ertragsstärke
Trotz der niedrigeren Aussaatstärken sind die Hybridsorten auf gleichem oder sogar höherem Ertragsniveau als die Liniensorten (s. Tabelle 1). In 2022 war der Ertragsvorsprung nicht ganz auf dem Vorjahresniveau, jedoch zeigen die etablierten Sorten SU HYMALAYA und SU HYVEGA über drei Jahre einen stabilen Vorsprung bei einer Aussaatstärke von 150 Kö/m². Im Versuch stand auch die Hybride SU HYVEGA, die 2022 in den Landessortenversuchen bundesweit 103,5 Relativertrag brachte. Das im Witterungsverlauf schwierige Jahr 2022 zeigt dann hier aber auch die Grenzen extrem niedriger Aussaatstärken auf. 2022 fehlte früh zu Vegetationsstart schon das Wasser, so dass selbst der wüchsige Hybridweizen die durch die niedrige Saatstärke „lückigen“ Bestände nicht mehr ausreichend schließen konnte. So überzeugt die Hybride SU HYVEGA bei der höheren Aussaatstärke auch in 2022 mit knapp 4 % Ertragsvorsprung, die Mehrleistung über drei Jahre liegt sogar bei über 9 %! Doch selbst bei nur 100 Kö/m² ist diese Sorte im dreijährigen Schnitt in der Lage, einen Ertragsvorsprung von über 5 % gegenüber den Verrechnungssorten zu generieren. An dieser Stelle sei auch noch einmal die reduzierte N-Düngung in dem Versuch in Erinnerung gerufen. Auch die Sorte SU HYMALAYA kann mit einem Vorteil von 3 % (100 Kö/m²) und 6 % (150 Kö/m²) über 3 Jahre überzeugen.
Auch Praktiker wissen zu berichten, dass Hybridweizenbestände im frühen Herbst oft sehr lückig aussehen (praxisnah Reportagen z. B. www.praxisnah.de/201835 und www.praxisnah.de/201733). Dass trotzdem sehr hohe Erträge generiert werden, ist der extremen Kompensationsfähigkeit dieser Sorten zu verdanken.
Qualität
Die qualitativen Unterschiede zwischen den Sorten und Saatstärken sind im Versuch eher gering. Insbesondere bei der Tausendkornmasse und dem Hektolitergewicht gibt es keine signifikanten Sortenunterschiede. Der Rohproteingehalt liegt bei den bisher zugelassenen Hybridweizensorten genetisch niedriger als bei vielen Liniensorten. Der Rohproteinertrag/ha ist aufgrund der höheren Kornerträge jedoch vergleichbar.
Wirtschaftlichkeit
Ob die Wirtschaftlichkeit des Anbaus von Hybridweizen trotz der höheren Saatgutkosten gegeben ist, zeigt die Berechnung der um die Saatgutkosten bereinigten Marktleistung (Tabelle 2). Die Wirtschaftlichkeit ist nur dann gegeben, wenn die höheren Saatgutkosten durch den Mehrertrag mindestens wieder ausgeglichen werden. Der Aufwand für Pflanzenschutz und Düngung war im Versuch für Linien- und Hybridsorten identisch.
Die Liniensorten erwirtschafteten bei einem angenommenen Marktpreis von 28 € pro Dezitonne im Durchschnitt eine Marktleistung von 2.325 €. Die dreijährig geprüfte Hybridsorte SU HYMALAYA hat bei der niedrigeren Aussaatstärke mit 2.309 € eine etwas geringere um die Saatgutkosten bereinigte Marktleistung. Bei der höheren Aussaatstärke ist sie mit den Liniensorten auf einem Niveau (2.327 €). Die ebenfalls dreijährig geprüfte Sorte SU HYVEGA übertrifft den Durchschnitt der Liniensorten mit 2.340 € um 11 €. Mit der höheren Aussaatstärke wird der Unterschied deutlicher, so hat SU HYVEGA dort eine um die Saatgutkosten bereinigte Marktleistung von 2.365 € erbracht. Somit zeigten die Hybridsorten in der Sonderprüfung Hybridweizen über drei Jahre, dass sie in der Lage sind, die Mehrkosten für das Saatgut auszugleichen. Gleichzeitig zeigen die Ergebnisse aber auch, dass die höhere Aussaatstärke nur einen geringen finanziellen Mehrwert bringt. Denn dieser liegt im Maximum bei 25 € im Verhältnis zu der 100 Körner-Variante. Aber Achtung: 100 oder weniger Körner/m2 sind in der Praxis nicht unüblich, aber dann darf wirklich nichts mehr passieren: Ausfälle durch z. B. Tierfraß oder Witterung verträgt ein solch „dünner“ Bestand nicht mehr.
Die Wirtschaftlichkeit ist natürlich auch von der Höhe der Marktpreise und der Saatgutpreise abhängig: Gerade bei der Kosten- und Erlösstruktur des letzten Jahres lohnt sich der Anbau von Hybridweizen besonders, denn jedes Prozent Mehrertrag wurde besonders entlohnt. Die Saatgutkosten sind zwar gestiegen, für Liniengetreide jedoch im Schnitt mehr als für Hybridgetreide. Daher gleichen sich die höheren Saatgutkosten pro Hektar mehr an. Gerade durch die Reduzierung der Aussaatstärke der Hybridweizensorten in Kombination mit der guten Erlösstruktur und dem höheren Kornertrag der Hybriden ergibt sich ein Vorteil für den Hybridweizen gegenüber der Liniensorten. Bei einer derart guten Erlössituation, wie im Jahr 2022 zahlt sich die Investition in das etwas teurere Hybridsaatgut umso mehr aus.
FAZIT
Nach dreijähriger Prüfung bestätigt sich die Anbauvorzüglichkeit der Hybridweizen-Sorten gegenüber dem Linienweizen. Insbesondere unter den Bedingungen der Roten Gebiete und dem praxisangepassten Anbau können die Hybriden ihre Vorteile ausspielen. Qualitativ sind im Anbau von etablierten Hybridweizen-Sorten Abstriche im Rohprotein zu beachten. Die Unterschiede werden jedoch durch einen höheren Kornertrag ausgeglichen. In diesem Versuch konnte der Hybridweizen eine wirtschaftliche Alternative zu den bestehenden Liniensorten darstellen. In der Praxis spielen aber weit mehr Faktoren eine Rolle, als in diesem Versuch abgeprüft werden können. Daher empfiehlt sich in jedem Fall ein Probeanbau, um den Hybridweizen im eigenen Betrieb zu testen.
Schnell gelesen (Kurzfassung):
Es liegen jetzt Versuchsergebnisse des Saatstärkenversuchs bei reduzierter N-Düngung aus drei Jahren vor. Dabei zeigte sich, dass Hybridweizen in der Lage sind, trotz niedriger Saatstärken von 100 bzw. 150 Körnern/m², höhere Erträge zu generieren als die Linienweizen. Die Ertragshöhe bei 150 Körnern/m² reichte aus, die höheren Saatgutkosten zu kompensieren. Mit höheren Saatstärken von 150 Körnern/m² wurde dabei im dreijährigen Schnitt nur eine geringfügig bessere um die Saatgutkosten bereinigte Marktleistung erbracht, als mit 100 Körnern/m². Trotzdem muss man sich des höheren Anbaurisikos dieser extrem dünnen Bestände bewusst sein: Wenn dann noch starker Frost oder Fraßschäden dazukommen, wird es selbst für den wüchsigsten Hybridweizen eng.