Schwere Böden: Fluch und Segen

Schwere Böden: Fluch und Segen

Die sehr schweren und tonigen Böden verfügen über ein sehr hohes Ertragspotenzial. Allerdings haben die Tonböden in ihrer Bewirtschaftung besondere Ansprüche. Lüder Cordes, Landwirtschaftskammer Niedersachsen, Bezirksstelle Nienburg, beschreibt, was diese Böden so besonders macht und welche Konsequenzen sich daraus für eine erfolgreiche Pflanzenproduktion ergeben.

Die Korngrößen im Boden werden in Sand, Schluff und Ton unterschieden. Die Bodenart wird durch die Korngrößenzusammensetzung des mineralischen Bodenmaterials beschrieben. Die dominierende Korngrößenklasse bestimmt schließlich die Bodenart. Sind alle drei Fraktionen in nennenswerten Anteilen vorhanden, so wird der Boden als Lehm bezeichnet.

Sandkörner haben einen Durchmesser von 63 Mikrometer bis 2 Millimeter und man kann sie als harte Körnchen fühlen, wenn man den Boden zwischen Daumen und Zeigefinger reibt. Als Schluff werden Partikel mit einem Durchmesser von 2 bis 63 Mi­krometern bezeichnet, sie fühlen sich leicht mehlig an. Tonpartikel sind kleiner als 2 Mikrometer. Ton besteht wesentlich aus Tonmineralien, die glänzen, wenn man sie auf den Fingern verreibt. Tonminerale bestehen aus mehreren Schichten Silizium, Aluminium und dazwischen gelagertem Kalzium, Magnesium oder Kalium.


Wenig Zeit für Bodenbearbeitung und Aussaat

Tonböden zeichnet ein ständiger Wechsel von starkem Aufquellen bei Feuchte und starkem Zusammenschrumpfen bei Trockenheit aus. Dieser führt zu einem Bodengefüge aus scharfkantigen Bodenaggregaten (Polyeder und Prismen), bei Trockenheit entstehen tiefe Risse. Durch diese Struktur können Fröste tief in den Boden eindringen. Im gefrorenen Zustand dehnt sich das Wasser aus und es kommt zu einer Frostsprengung der Bodenaggregate. Es erfolgt dadurch eine natürliche Lockerung, wie sie durch einen mechanischen Eingriff in den Boden nicht zu erreichen wäre (Frostgare).

Trockenheit: Nach längeren Trockenperioden sind die schweren Tonböden stark verfestigt und verhärtet. Eine Bearbeitung ist trotz guter Befahrbarkeit dann oft nahezu unmöglich, weil die Geräte gar nicht in den Boden hineinkommen. Generell ist es aber schon bei relativ trockenen Tonböden nur schwer möglich, ausreichend Feinerde zu produzieren, um einen sicheren Feldaufgang der Saat zu gewährleisten.

Nässe: Ist der Boden dagegen zu feucht, wird er plastisch, zäh und bindig, was die Bearbeitung und Befahrbarkeit vor Herausforderungen stellt. Jetzt ist es schwer, sowohl die gewünschte krümelige Struktur, als auch die erforderliche Feinerde für einen sicheren Feldaufgang zu erzeugen. Zudem besteht die Gefahr, Bodenverdichtungen zu verursachen. Diese Schadverdichtungen lassen sich fast nur auf natürlichem Wege über eine Frost- oder Trockengare langfristig lösen.

Der Bodenzustand der Tonböden gibt also nicht nur einen engen Zeithorizont für die Bodenbearbeitung, sondern ebenso für die Aussaat vor. Es sollten Kulturen bevorzugt werden, deren Aussaat über einen relativ weiten Zeitraum realisiert werden kann (z. B. Winterweizen).


stehende Nässe auf einem Acker, tonhaltiger Boden; Quelle: Cordes
stehende Nässe auf einem Acker, tonhaltiger Boden; Quelle: Cordes


Sehr gute Speicherung von Wasser und Nährstoffen

Durch den hohen Tonanteil haben schwere Böden eine sehr große innere Oberfläche und damit die Fähigkeit, große Mengen an Nährstoffen im Boden austauschbar zu binden. Durch den sehr hohen Feinporenanteil wird aber auch Wasser im Boden hervorragend gehalten. Die nutzbare Feldkapazität dieser Böden ist vielfach sehr hoch. Dies hat zur Folge, dass auf diesen Böden auch Kulturen angebaut werden können, die einen hohen Wasserbedarf noch bis in den Sommer hinein haben. Der Anbau von Weizen hat daher auf den schweren Böden eine besondere Bedeutung. Aber auch Ackerbohnen und Zuckerrüben können auf diesen Böden sehr erfolgreich sein, wenn die anspruchsvolle Bodenbearbeitung realisiert werden kann.

Die Fähigkeit eines Bodens, positiv geladene Ionen zu binden (Kationenaustauschkapazität), ist bei den Tonböden ausgesprochen groß. Kationen wie z. B. Kalium, Magnesium und Calcium werden daher auf tonigen Standorten nicht verlagert. Aber auch bei den nicht gebundenen, im Wasser gelösten Anionen wie Nitrat und Sulfat ist die Verlagerungsgefahr aufgrund des hohen Wasserhaltevermögens deutlich geringer als auf leichteren Böden.


Herausforderung Bodenbearbeitung

Die Bearbeitung dieser Standorte ist eine besondere Herausforderung. Nach einem Pflugeinsatz können mehrere Bearbeitungsgänge mit einer Kreiselegge o. ä. erforderlich werden, um ausreichend Feinerde für einen guten Feldaufgang zu erzielen. Der Pflug kann auch bei einer sehr dichten Lagerung des Bodens sinnvoll sein. In der Regel wird aber versucht, die Böden mit Scheibenegge und Grubber o. ä. mehrmalig flacher zu bearbeiten und die vorhandene Feinerde in der oberen Bodenschicht zu belassen. Dabei wird die Bearbeitungstiefe jeweils so weit erhöht, dass möglichst keine nassen und plastischen „Würste“ an die Oberfläche geholt werden.

Ist der Anbau einer Sommerung vorgesehen, erfolgt i. d. R. eine tiefe Grundbodenbearbeitung im Herbst. Im Mittel der Jahre werden die Böden zum Herbst hin durch Niederschläge von oben nach unten durchfeuchtet. Bei einer Pflugfurche oder einer tiefen Grubberarbeit ist die Gefahr gering, dass an der Bearbeitungsgrenze Schmierschichten und Verdichtungen entstehen.

Zum Frühjahr hin trocknen die Böden von oben nach unten ab. Auch wenn die Oberfläche bereits abgegraut, also relativ trocken ist, sind die Böden in tieferen Schichten oft noch sehr feucht. Es ist daher sinnvoll, die Böden im Frühjahr mit möglichst leichtem Gerät nur sehr flach zu bearbeiten. In der Regel ist dies auch sehr gut möglich, da besonders in der oberen Bodenschicht über Winter eine hervorragende Bodenstruktur durch die Frostgare entstanden ist.


Tab. 1: Zu erwartender Feldaufgang (Winterweizen) auf Tonböden in Abhängigkeit von Saatzeit und Bedingungen
Tab. 1: Zu erwartender Feldaufgang (Winterweizen) auf Tonböden in Abhängigkeit von Saatzeit und Bedingungen


Tipps zur Bestandesführung am Bespiel Winterweizen

Die Ergebnisse der Landessortenversuche geben wertvolle Information für die Sortenwahl. In Niedersachsen gibt es hier die Standortgruppen „schwere Böden Südhannover“ und die Gruppe der schweren „Küstenmarschen“. Die Landessortenversuche in diesen Standortgruppen zeigen, dass häufig Sorten erfolgreich sind, bei denen die Ertragskomponenten Körner je Ähre und die Tausendkornmasse eine hohe Bedeutung haben (z. B. WPB NEWTON). Denn gerade auf den schweren Böden ist in der Regel eine gute Kornausbildung möglich.

Der Saattermin richtet sich wesentlich nach dem Bodenzustand. Zu bedenken ist, dass die schweren Böden sich im Frühjahr langsam erwärmen und relativ spät abtrocknen. Die Vegetation springt also etwas verzögert an. Die Spanne vom deutlichen Wachstumsbeginn bis zum Übergang in den Langtag kann auf den schweren Böden sehr kurz sein. Es ist daher sinnvoll, dass der Weizen bereits im Herbst seine optimale Anzahl an Trieben anlegt. Je nach regionalen Bedingungen haben sich auf solch schweren Böden Saattermine ab Mitte September bewährt.

Bei frühen Terminen kommt es jedoch zu einem Zielkonflikt: Denn die schweren Böden sind sehr oft durch einen hohen Ackerfuchsschwanzdruck gekennzeichnet und eine frühe Saat unterstützt den intensiven Auflauf des Ackerfuchsschwanzes. Im Hinblick auf die zunehmenden Resistenzen müssen bei hohem Ackerfuchsschwanzdruck bei dem Saattermin also Kompromisse gemacht werden, denn etwas spätere Saattermine im Oktober sind dann vorteilhafter.

Da auf tonigen Standorten auch bei höherer Bestandesdichte eine gute Kornausbildung möglich ist, sind etwas höhere Saat­stärken sinnvoll. Anzustreben sind dann Mitte/Ende September je nach Sortentyp 260 bis 280 Pflanzen/m², Ende September/Anfang Oktober 280 bis 320 Pflanzen/m² und Mitte/Ende Oktober schließlich 350 bis 400 Pflanzen/m². Bei der Berechnung der eigentlichen Saatstärke wird zusätzlich der erwartete Pflanzenausfall berücksichtigt. Dieser lässt sich mithilfe eines kritischen Blickes auf den Boden ermitteln: Ist der Boden relativ grob, sodass einige Körner zu tief in die Spalten fallen? Ist genug Feinerde vorhanden, sodass alle Samen keimen können? Ist viel organische Masse an der Oberfläche, sodass einige Samen keinen Bodenkontakt bekommen werden?

Unter ungünstigen Bedingungen kann der Feldaufgang auf Werte um 75–80 % zurückgehen (Tab. 1). In diesem Fall muss die Saat­stärke entsprechend korrigiert werden.

Ein weiterer Aspekt der Bestandesführung auf sehr schweren Böden ist die Anpassung der N-Düngung (s. Tab. 2). Durch die verzögerte Erwärmung der Tonböden setzt die N-Nachlieferung später ein. Bei hohen Wassergehalten kommt es bei dem gedüngten Stickstoff zu einem Verdünnungseffekt: Die Nitratkonzentration in der Bodenlösung ist im Vergleich zu leichteren Standorten geringer. Bei gegebener Transpiration nimmt eine Pflanze auf einem schweren Tonboden folgerichtig eine geringere Nitratmenge auf. Beide Faktoren tragen unter anderem dazu bei, dass auf schweren Standorten in der Regel eine sehr startbetonte Düngung sinnvoll ist.

Gerade unter sehr feuchten Bedingungen im Frühjahr ist zudem Nitrat die wirkungssicherere N-Form. Denn unter feuchten Bedingungen kann es zu Sauerstoffmangel kommen. Ammonium muss von den Pflanzen aktiv aufgenommen werden und dazu braucht es Energie. Bei Sauerstoffmangel steht diese jedoch nicht zur Verfügung. Nitrat wird dagegen passiv, d. h. gelöst mit dem Bodenwasser aufgenommen.

Sind die Bestände normal oder eher schwach entwickelt, empfiehlt sich eine Startgabe mit einem gewissen Nitratanteil, der sofort zur Verfügung steht.


Tab. 2: Beispiel zur N-Düngung auf sehr schweren Böden; A/B-Winterweizen
Tab. 2: Beispiel zur N-Düngung auf sehr schweren Böden; A/B-Winterweizen


Fazit

Böden mit hohen Tongehalten erfordern viel Fingerspitzengefühl bei der Bearbeitung, aber auch Anpassungen bei der Bestandesführung. Werden u. a. die hier dargestellten Hinweise berücksichtigt, sind diese Böden extrem leistungsfähig.


Schnell gelesen (Kurzfassung):

Tonböden haben zwar ein hohes Ertragspotenzial, stellen jedoch auch besondere Anforderungen an die Bewirtschaftung. Tonböden neigen zum Aufquellen bei Feuchte und Schrumpfen bei Trockenheit, was nicht nur die Bodenstruktur, beeinflusst sondern auch den Zeitraum für die Bodenbearbeitung und die Aussaat einschränkt. Sie speichern Wasser und Nährstoffe gut, erfordern jedoch spezielle Bodenbearbeitungsmaßnahmen und eine angepasste Bestandesführung. Beispielsweise - im Beitrag wird vieles am Beispiel Winterweizen erläutert - muss man bei den Saatstärken der Bodenart Rechnung tragen und teilweise mit erheblichen Kornverlusten rechnen.