Ackerbohnen mit weniger Vicin/Convicin sind für Legehennen gut geeignet

Ackerbohnen mit weniger Vicin/Convicin sind für Legehennen gut geeignet

Ackerbohnen stellen ein interessantes Proteinfuttermittel für Nutztiere dar. Der Forschungsverbund „Abo-Vici“ hat Ackerbohnen aus vielseitigen Blickwinkeln untersucht, um Möglichkeiten des Einsatzes dieser Kultur für Legehennen-Futter besser zu verstehen.
Dr. Wolfgang Siegert von der Universität Hohenheim stellt die Kernergebnisse zweier Projektpartner hier dar.

Sommerackerbohne und Winterackerbohne
Sommerackerbohne und Winterackerbohne

Ackerbohnen sind neben Erbsen und Lupinen eine der drei weltweit weitverbreitetsten Körnerleguminosen. Mit etwa 30 – 35 % Rohprotein werden Ackerbohnen vor allem eingesetzt, um den Protein- bzw. Aminosäurenbedarf von Tieren zu decken. Bei erweitertem Einsatz von Ackerbohnen könnte somit der Sojaverbrauch reduziert werden. Weniger Importsoja im Tierfutter hätte einige Vorteile: Der Sojaanbau in Südamerika geht mit negativen Umweltwirkungen einher und der Import nach Europa stellt einen Nährstoffzustrom und somit eine Nährstoffanreicherung dar. Demgegenüber fördern in Deutschland zur Tierfütterung angebaute Ackerbohnen eine Kreislaufwirtschaft und tragen zur Einsparung von Stickstoffdüngemitteln bei.


Vicin/Convicin begrenzen Futteranteile von Ackerbohnen

Allerdings kann der Einsatz von Ackerbohnen in Tierfutter nicht ohne Weiteres ausgeweitet werden. Aktuell enthalten Ackerbohnen üblicherweise – im Gegensatz zu erhitzten Sojafuttermitteln – in bedeutender Konzentration für die Tiere problematische Inhaltsstoffe.
Dies sind vor allem Vicin/Convicin. Besonders Legehennen und junge Tiere reagieren darauf sehr sensibel mit verringerter Futteraufnahme bis hin zu gesundheitlichen Problemen. Daher sind die empfohlenen Höchstanteile von Ackerbohnen im Futter relativ gering, beispielsweise 10 % in Legehennenfutter. Mit derart geringen Anteilen an Ackerbohnen lässt sich Importsoja nicht nennenswert reduzieren.


Forschungsprojekt Abo-Vici untersucht die Auswirkungen von Vicin und Convicin

Inwieweit die Züchtung von Ackerbohnen mit sehr geringen Konzentrationen an Vicin/Convicin Abhilfe schaffen kann, wurde im Projekt Abo-Vici erforscht. Gezielt wurden Genotypen ausgewählt oder züchterisch weiterentwickelt, sodass Auswirkungen einer weiten Bandbreite an Vicin/Convicin auf Legehennen untersucht werden konnten. Dabei handelte es sich sowohl um Sommer- als auch Winterackerbohnen. Auch der Einfluss der Umwelt auf die Inhaltsstoffe (Genotyp-Umwelt-Interaktion) wurde durch den Anbau derselben Genotypen an zwei Standorten berücksichtigt.



Deutlich höherer Ackerbohnenanteil bei wenig Vicin/Convicin im Legehennenfutter möglich

Die Ergebnisse eines Fütterungsversuchs mit Legehennen waren eindeutig. Wurden Ackerbohnen mit wenig Vicin/Convicin (0,5 g/kg Trockenmasse) verfüttert, gab es bis zum höchsten untersuchten Ackerbohnenanteil von 30 % im Futter keine statistisch signifikanten nachteiligen Auswirkungen. Wurden jedoch Ackerbohnen mit viel Vicin/Convicin (5,0 g/kg Trockenmasse) verfüttert, waren nur 15 % Ackerbohnen im Futter ohne nachteilige Auswirkungen möglich (Abb. 1). Bei einem 30-prozentigen Mischungsanteil von Ackerbohnen mit viel Vicin/Convicin war die Futter- und damit die Nährstoffaufnahme deutlich reduziert. Infolgedessen waren das durchschnittliche Eigewicht, die tägliche Eimasse und der Futteraufwand je produzierte Eimasse verringert. Somit lag der ohne nachteilige Auswirkungen höchstmögliche Ackerbohnenanteil im Futter bei hoher Vicin/Convicin-Konzentration deutlich unter 30 %, während bei geringer Vicin/Convicin-Konzentration der höchstmögliche Anteil mit 30 % nicht erreicht war.



Umwelt beeinflusst viele Inhaltsstoffe: Futterwert-Analysen lohnen sich

Für einen gezielten Einsatz im Futter muss die Konzentration an bedeutenden Inhaltsstoffen wie Aminosäuren, die oft stark schwanken, bekannt sein. Eine Besonderheit der Erkenntnisse aus Abo- Vici ist, dass die Schwankungen teilweise durch Genotyp-Umwelt- Interaktionen hervorgerufen werden. Bei den Winterackerbohnen gab es zwischen den Standorten erhebliche Konzentrationsunterschiede vor allem an Phytat-Phosphor, aber auch an Aminosäuren. Dagegen gab es bei den Sommerackerbohnen keine wesentlichen Unterschiede zwischen den Standorten (Abb. 2). Für eine präzise, bedarfsdeckende Rationsformulierung ist neben der Konzentration auch die Kenntnis des Anteils an verwertbaren Aminosäuren wichtig. Dieser Anteil wird als Verdaulichkeit bezeichnet. Auch hier deuteten sich Genotyp-Umwelt-Interaktionen an (Abb. 3). Wieder gab es bei den Sommerackerbohnen keine Unterschiede zwischen den Standorten. Bei den Winterackerbohnen verhielten sich die Unterschiede der Verdaulichkeit zwischen den Standorten umgekehrt zur Aminosäurenkonzentration: Fiel die Aminosäurenkonzentration höher aus, war die Verdaulichkeit geringer. Die geringere Verdaulichkeit ist vermutlich durch eine höhere Konzentration an Phytat zu erklären, da Phytat die Aminosäurenverdaulichkeit reduziert. Sofern diese Interpretation zutreffend ist, müsste der nachteilige Effekt des Phytats durch die Zugabe des phytatspaltenden Enzyms Phytase zum Futter überwindbar sein. Diese Maßnahme würde zudem den im Phytat gebundenen Phosphor für die Tiere verfügbar machen. Insgesamt wäre der Futterwert der Ackerbohnen durch die Zugabe von Phytase erhöht.

Die Verdaulichkeit von Aminosäuren in Ackerbohnen ist geringer als bei Erbsen, Lupinen und Sojaextraktionsschrot. Da Stickstoff ein wesentlicher Bestandteil der Aminosäuren ist, wird bei einer geringeren Verdaulichkeit auch mehr Stickstoff von den Tieren ausgeschieden – damit steigen die umweltrelevanten Emissionen.




Züchtung auf wenig Vicin/Convicin ohne Nachteile für den Futterwert

Hinweise auf Unterschiede der Konzentration an futterwertbestimmenden Inhaltsstoffen oder die Nährstoffverwertung zwischen Genotypen mit geringen oder hohen Konzentrationen an Vicin/Convicin gibt es nicht. Demnach können Züchtungsprogramme zur Absenkung von Vicin/Convicin in Ackerbohnen weiterverfolgt werden, ohne dadurch nachteilige Nebeneffekte für die Tierfütterung in Kauf nehmen zu müssen.


Fazit

  • Vicin/Convicin begrenzen den höchstmöglichen Ackerbohnenanteil im Legehennenfutter. Bei reduzierten Vicin/Convicingehalten kann der Anteil der Ackerbohnen im Futter steigen.
  • Es gibt keine Hinweise, dass die Züchtung von Ackerbohnen auf wenig Vicin/Convicin Nachteile für die Aminosäurenversorgung von Legehennen hat.
  • Es hängt vom Anbaustandort ab, ob es Unterschiede bei Konzentration und Verdaulichkeit von Aminosäuren zwischen Sommer- und Winterackerbohnen gibt.

Was ist Abo-Vici?


Beim Verbundprojekt Abo-Vici arbeiteten sechs Projektpartner gefördert vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft synergistisch an dem Ziel, Wirkungen von Vicin/Convicin auf Anbau und Verwendung von Ackerbohnen als Futtermittel besser zu verstehen und die Eignung von Ackerbohnen als Futtermittel für Legehennen zu verbessern. Der vorliegende Beitrag zeigt Ergebnisse von zwei Projektpartnern zur Ernährung von Legehennen. Bei den weiteren Projektpartnern wurden Ackerbohnen gezüchtet, ackerbauliche Feldversuche durchgeführt, die Standorteignung zum Ackerbohnenanbau in Deutschland kartiert, Schnellverfahren zur Vicin/Convicin-Bestimmung weiterentwickelt sowie genetische und molekulargenetische Aspekte der Vicin/Convicin-Variation bei Ackerbohnen erforscht.


www.uni-goettingen.de/de/abo-vici-projekt/559637.html

Text: Dr. Wolfgang Siegert
Universität Hohenheim
Tel. 0711-45924528
w.siegert@unihohenheim.de
Bilder: agrar-press, Siegert, SAATEN-UNION