Die Nordzucker im Markt für Erbsenprotein

Die Nordzucker im Markt für Erbsenprotein

Der Markt für pflanzenbasierte Inhaltsstoffe wächst. Bis zur geplanten Inbetriebnahme im Sommer 2026 investiert die Nordzucker erhebliche Summen in ein Verarbeitungswerk im niedersächsischen Groß Munzel, um an diesem Markt teilzuhaben. Dr. Anke Boenisch, praxisnah, sprach mit Stefan Niklas, Nordzucker Plant Based Ingredients GmbH, über das Projekt und die dadurch verbesserte Wirtschaftlichkeit für die Körnererbse.

Stefan Niklas sieht einen wachsenden Markt für Erbsenprotein.
Stefan Niklas sieht einen wachsenden Markt für Erbsenprotein.
Was treibt Ihr Unternehmen an, jetzt einen zusätzlichen Geschäftsbereich aufzubauen?

Der Einstieg in den Markt für pflanzenbasierte Inhaltsstoffe ist Teil der Wachstumsstrategie von Nordzucker. Wir erschließen uns damit ein Geschäftsfeld, das sich weiter positiv entwickeln wird. Gleichzeitig passt es gut zu dem, was wir heute tun – landwirtschaftliche Rohstoffe aus dem Vertragsanbau zu hochwertigen Produkten für die Nahrungs- und Futtermittelindustrie zu verarbeiten. Die Nordzucker Plant Based Ingredients GmbH wird keine verzehrfertigen Produkte für den Endverbraucher herstellen, sondern B2B-Kunden wertvolle Zutaten aus einer Hand vom Feld bis zur Verarbeitung im nordzuckereigenen Werk bieten.


Warum Standort Deutschland/Niedersachsen, wo Ihr Unternehmen doch sehr international agiert?

Die Standortentscheidung für Groß Munzel (Region Hannover) auf dem Gelände der ehemaligen Zuckerfabrik wurde neben so grundlegenden Vorteilen wie unbebauter Flächenreserven in Eigenbesitz auch maßgeblich durch die vorhandene Infrastruktur und Möglichkeiten zur Erweiterung bestimmt.


Was spricht für die Erbse, die sonst eher in Ostdeutschland angebaut wird?

In der Größenordnung des eigenen Verarbeitungswerks wurde in der frühen Planungsphase sehr schnell klar, dass die langfristige Absicherung des Rohstoffbedarfs in Verbindung mit dem Ziel eines 100%igen Vertragsanbaus einzig mit der Körnererbse gelingt. Für die Körnererbse spricht im Vergleich zu anderen Körnerleguminosen die breiteste Standorteignung und das in unserem geplanten Einzugsgebiet größte Anbaupotenzial.


Was genau stellen Sie her – Konzentrate, Isolate oder Texturate?

Die Verarbeitung erfolgt in einem Trockenprozess und beginnt nach aufwendiger Feinreinigung mit der Schälung der ganzen Körner. Anschließend werden die Erbsen fein vermahlen. Über die Windsichtung erfolgt die Trennung der feineren Proteinkörner von den gröberen Stärkekörnern. Letztlich erhalten wir als erstes verkaufsfähiges Produkt ein Proteinkonzentrat (Mehl), das wir teilweise in einem zweiten Schritt mittels Extrusion zu Proteintexturaten veredeln. Im Vergleich zum nasschemischen Aufschluss des Proteins zur Herstellung eines höher konzentrierten Proteinisolats ist der Trockenprozess „einfacher“. Der Investitionsbedarf für ein Werk zur Herstellung von Proteinisolaten wäre noch mal deutlich höher und auch der Ressourceneinsatz an Wasser und Energie läge deutlich über dem des nun geplanten Werkes.


Wie groß ist das Investitionsvolumen und wie ist Ihre Zeitplanung?

Die Investitionen am Standort Groß Munzel werden sich auf rund 100 Mio. € belaufen. Die Inbetriebnahme des Werks ist für den Sommer 2026 geplant. Um im vorgelagerten Bereich der Rohstofferzeugung, der Lagerung und Logistik auf allen Ebenen Erfahrungen zu sammeln, haben wir für das Erntejahr 2025 erste Anbauverträge angeboten, die sehr gut angenommen wurden.


Hier geht es zur Internetseite der Nordzucker zum Thema pflanzenbasierte Proteine


Wenn Sie sich im Segment Proteinmarkt neu positionieren, müssen Sie sich ja von den Mitbewerbern abgrenzen.

Den großen Kunden in der Ernährungsindustrie zu jeder Zeit jede Produktmenge in der gewünschten Spezifikation und mit gleichbleibender Qualität zu liefern, scheint bisherigen Marktteilnehmern auf Basis der frei gehandelten Rohstoffbasis Körnererbsen nicht kontinuierlich möglich. Weitere Kriterien wie die Rückverfolgbarkeit unserer Produkte bis zur landwirtschaftlichen Rohstofferzeugung oder der Anbau nach zertifizierten Nachhaltigkeitskriterien heben unseren Ansatz ebenfalls heraus. Des Weiteren planen wir, unseren Kunden technische Anwendungsberatung zur Verwendung unserer Produkte anzubieten, die uns aus der Rolle eines reinen Vorlieferanten befreien.

Und das alles aus einer Hand von einem bekannten und verlässlichen Lieferanten aus dem Hause Nordzucker.


Arbeiten Sie dann ausschließlich mit den Landwirten/Landwirtinnen zusammen, die sie aus der Zuckerproduktion schon kennen oder sind Sie grundsätzlich offen für neue?

In weiten Teilen des Zuckerrübeneinzugsgebietes der Nordzucker gab es quasi keinen Körnererbsenanbau. Unser Angebot für den Vertragsanbau 2025 richtete sich daher an alle Landwirte unabhängig, ob sie Zuckerrübenlieferant der Nordzucker AG sind oder nicht. Die breite Streuung des Angebotes zahlt auf das strategische Ziel der langfristigen Rohstoffsicherung ein.

Die Anbauverträge 2025 verteilen sich außerhalb Niedersachsens auf Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt, Thüringen und Nordrhein-Westfalen.


Erntereife Erbsen
Erntereife Erbsen


Welche Rolle spielt die Sorte zum jetzigen Zeitpunkt in der Rohstoffbeschaffung?

Im ersten Jahr des Vertragsanbaus gab es keinerlei Sortenvorgaben. Es müssen lediglich zugelassene gelbsamige Sorten sein, die mindestens offiziell geprüft oder besser noch offiziell zum Anbau empfohlen werden. Damit haben wir die Sicherheit, dass die Sorten hinsichtlich ihrer Leistungsfähigkeit im Feld überprüft sind. Sichere Erträge und eine gute Standfestigkeit bleiben für alle Sorten die Grundvoraussetzung.

Ein weiterer Aspekt ist die Berücksichtigung der Z-Saatgutversorgung des Marktes: Die Vermehrungsstatistik zeigt, wie sehr sich alles auf eine dominierende Sorte zuspitzt. Da wünschen wir uns perspektivisch auf alle Fälle ein breiteres Sortiment. Gleichzeitig sehen wir uns aber zukünftig dafür in der Mitverantwortung. Wir beginnen mit einer eigenen Sortenempfehlung, sobald wir aus dem eigenen Betrieb und der Rückmeldung unserer Kunden heraus in der Lage sind, klare Aussagen zur qualitativen und funktionellen Eignung der Sorten zu treffen, die nicht durch jahres- oder standortbedingte Effekte überlagert werden. Allerdings haben wir sortenunabhängig bereits im ersten Anbauvertrag 2025 den verpflichtenden Einsatz von Z-Saatgut verankert.


Die Preise für die Ernte 25 (428 €/t) sind sehr gut und liegen deutlich über dem normalen Marktpreis. Womit rechtfertigen Sie diesen guten Preis?

Mittels der üblichen Preise für Körnererbsen ist es trotz aller Lobpreisungen der unzweifelhaften Vorzüge dieser großkörnigen Leguminose zu keinem Zeitpunkt gelungen, die Kultur aus der Nischenrolle als Futterkomponente zu befreien. Letztlich waren sowohl die Anbaufläche und Erntemenge als auch die zu erzielenden Erlöse zu gering und damit gegenüber den klassischen Marktfrüchten alles andere als wettbewerbsfähig. Uns war von Anfang an klar, dass wir für die Absicherung unserer vertraglichen Rohstoffbasis auf Dauer zusätzliche Anbaufläche benötigen und die Körnererbsen sich im Kulturartenspektrum unserer Vertragsnehmer erst wieder als festes Fruchtfolgeglied etablieren müssen. Mit dem Vertragspreis haben wir einen der beiden entscheidenden Hebel für konkurrenzfähige Markterlöse selbst in der Hand. Wenn wir die wirtschaftlich schwächeren Kulturen aus dem bisherigen Anbauspektrum zumindest teilweise verdrängen wollen, kann sich unser Angebot nicht an den bisher für Körnererbsen bezahlten Preisen orientieren. Unter den gegebenen Relationen ist der Angebotspreis daher zielkonform.

Herr Niklas, ganz herzlichen Dank für das Gespräch!