Winterkörnerleguminosen nehmen weiter Einzug in deutsche Betriebe, denn sie senken Anbaurisiken durch Vorsommertrockenheit und durch verzögerte Aussaat der Sommerung aufgrund starker Nässe im Frühjahr. Nils Christiansen, Produktmanager für Leguminosen bei der Norddeutschen Pflanzenzucht, besuchte für die praxisnah Frank Wellnitz, den Geschäftsführer der Agrargesellschaft Cammin. Der Landwirt setzt auf eine Aufteilung in Winter- und Sommerform.
Anbauvielfalt sichert die wirtschaftliche Grundlage ab.
„Wir müssen uns zur Risikoabsicherung mit unseren Fruchtfolgen breit aufstellen.“ Dieser Grundsatz gilt auf vielen Betrieben, um schwankenden Konsummärkten, Wetterkapriolen und sich ändernden politischen Anforderungen besser begegnen zu können. Körnerleguminosen wie Erbse, Ackerbohne und Soja – je nach Region – sind dabei wichtige Bausteine. Ihre Wertschöpfung besteht nicht nur im Ertrag, sondern auch in dem geringeren finanziellen Input, dem durch Symbiose mit Knöllchenbakterien gebundenen Stickstoff sowie in der exzellenten Vorfruchtwirkung. Nachfolgende Kulturen danken dies mit einer besseren Pflanzenentwicklung und höheren Kornerträgen. Die positive CO2-Bilanz rückt die heimischen Proteinpflanzen in ein gesellschaftlich positives Licht und birgt zukünftig weiteres ökonomisches Potenzial im Verkauf von CO2-Zertifikaten. Zudem steigt deutschlandweit die Nachfrage nach Leguminosen.
Steigendes Interesse an Winterkörnerleguminosen
Nach Angaben der Saaten-Union GmbH, des hier marktführenden Unternehmens, steigt seit einigen Jahren die Nachfrage von Winterkörnererbsen sowie Winterackerbohnen in Deutschland und dem europäischen Ausland. Ein wichtiges Argument bei der Entscheidung für die Winterformen ist die im Vergleich zur Sommerform frühere Pflanzenentwicklung: Das im Frühjahr bereits tief ausgebildete Wurzelwerk nutzt die Winterfeuchte effizient, während die Sommerform noch gedrillt wird. Darüber hinaus kommt es im Frühjahr zu einem zeitigeren Bestandesschluss, der Unkräuter unterdrückt. Neben dem vegetativen Wachstum findet auch die generative Entwicklung der Winterleguminose früher statt. Heiße Junitage setzten in den vergangenen Jahren Sommerleguminosenbestände unter Stress und es kam teilweise zum Blütenabwurf mit negativen Auswirkungen auf die Ertragsbildung. Die frühere Blüte der Winterleguminosen kann den Hülsenansatz und damit den Ertrag absichern. Die frühere Entwicklung setzt sich bis zum Ende durch, sodass gegenüber der Sommerform mit einer 1–3 Wochen früheren Ernte gerechnet werden kann.
Winter- oder Sommerform – kaum Unterschiede in der Produktionstechnik
Bis auf den Drilltermin unterscheidet sich der Anbau einer Winterkörnerleguminose nicht grundlegend von dem einer Sommerform. Während sich bei den Sommerkörnerleguminosen ein früher Drilltermin als der ertraglich besser herausgestellt hat, sollten die Winterformen nicht zu früh gedrillt werden. Ziel ist es, die Winterkörnererbse im 2–4 Blatt-Stadium, sprich 3–5 cm Pflanzenhöhe einzuwintern. Die Winterackerbohne bewährt sich mit 2–3 Blattpaaren bzw. einer Wuchshöhe von 5–8 cm vor der eintretenden Vegetationspause. Eine zu frühe Aussaat kann die Winterhärte verringern, und zu große Pflanzen bieten mehr Angriffsfläche für Frost und Infektionserreger. So werden Wintererbse und Winterbohne meist von Anfang bis Ende Oktober ausgedrillt. Kündigt sich ein warmer Oktober wie in 2023 an, kann lieber ein späterer Drilltermin gewählt werden. Mehrjährige Aussaatversuche zeigen, dass ein späterer Drilltermin zur besseren Überwinterung und letztlich höherem Ertrag geführt hat. Beide Kulturen bevorzugen ein gut abgesetztes Saatbett ohne Schadverdichtungen oder Gefahr der Staunässe als Voraussetzung für die Aussaat. Die Saatgutablage erfolgt bei Erbsen auf 4–6 cm und bei Ackerbohnen auf 6–10 cm. Um die Symbiose mit Knöllchenbakterien und damit die N-Fixierung zu fördern, sind N-zehrende Vorfrüchte wie Silomais, Wintergetreide, Zuckerrüben oder Ackergras empfehlenswert.
Agrargesellschaft Cammin: ca. 30 ha Winterkörnererbsen
Um die ackerbaulichen Vorteile der Körnererbse weiß auch Frank Wellnitz, Geschäftsführer der Agrargesellschaft Cammin, der gemeinsam mit drei weiteren Mitarbeitern den Ackerbaubetrieb im südöstlichen Mecklenburg-Vorpommern führt. Der Betrieb bewirtschaftet rund 780 ha nahe Neubrandenburg. Auf durchschnittlich 48 Bodenpunkten werden Winterweizen, Winterraps, Wintergerste, Winterroggen, Zuckerrüben sowie Silomais für die Verwertung in der eigenen Biogasanlage angebaut. Seit mehreren Jahren hat sich im Zuge der Förderung des Anbaus vielfältiger Kulturen ebenso die Körnererbse fest in die Fruchtfolge integriert. Auf etwa 75 ha stehen in diesem Jahr Körnererbsen in Winter- und Sommerform.
Für die rund 30 ha Winterkörnererbsen wählte Frank Wellnitz die 2023 zugelassene Sorte FEROE und drillte diese direkt nach Zuckerrüben. „Während der Roder auf der einen Seite des Schlages noch in den Zuckerrüben lief, sind wir direkt mit dem Schwergrubber auf 25 cm hinterher und haben gleich im Anschluss die Wintererbse gedrillt“, erinnert sich Wellnitz. Das Zeitfenster für die Rodung und anschließende Aussaat tat sich im herausfordernden Herbst 2023 Mitte Oktober auf. Am 18. Oktober wurde die Winterkörnererbse mit 85 Körnern/m² mit einer Horsch Pronto gedrillt. Anschließend wurde der Bestand im Vorauflauf mit einer Mischung aus Clomazone® und Aclinofen gegen dikotyle Unkräuter geschützt. Die gut entwickelte Sorte FEROE überstand die -10° C Anfang Januar ohne Auswinterungsschäden dank guter Kältekonditionierung sowie leichter Schneedecken.
Risikosenkung durch Anbau von Winter- und Sommerform
Für die Agrargesellschaft Cammin dient die Aufteilung des Körnererbsenanbaus in Winter- und Sommerform als Risikosplitting zur Sicherstellung der Erträge. Im Zuge sich ändernder Wetterverhältnisse treten Vorsommertrockenheit und Hitzeperioden nicht nur in Mecklenburg-Vorpommern immer intensiver und früher auf, während Niederschlagsereignisse heftiger ausfallen (s. Abb. 1). Die Klimaforschung prognostiziert deutschlandweit eine Zunahme von Witterungsverläufen dieser Art. Althergebrachte Erfahrungen von Niederschlags- oder Hitzeperioden aus der Vergangenheit taugen daher nicht mehr für eine ackerbauliche Planung.
Für Wellnitz ist es aber ebenso wichtig, dass die Wintererbse das Risiko einer schwierigen Aussaat senkt. Die Kultur steht hier auf einem stark lehmhaltigen und für die regionalen Verhältnisse schweren Acker. „Hier wären wir im März zur Aussaat gar nicht raufgekommen, vor allem wenn noch eine Zwischenfrucht gestanden hätte“, meint Wellnitz. Das Frühjahr 2023 und 2024 war geprägt durch anhaltende nass-kalte Witterung. Die stark wassergesättigten Böden konnten vielerorts nicht für eine Düngung befahren und Pflanzenschutzmaßnahmen nicht durchgeführt werden. Auch die Bodenbearbeitung und zeitige Frühjahrsaussaat war erschwert und in den allermeisten Fällen deutlich nach dem optimalen Termin möglich. (Die nassen Bedingungen wiederholten sich im Frühjahr 2024.) So verzögerte sich die Aussaat der Sommerungen stark und war oftmals erst rund um oder nach Ostern Anfang April möglich. Im Mai und Juni hingegen herrschte meist Hitze und Trockenheit. Der Niederschlag kam aber erst wieder zur Abreife und erschwerte dann die Ernte. Die Folge waren Ertrags- sowie Qualitätsminderungen von Getreide und Körnerleguminosen. Auch in Cammin war der Acker vor April nicht ausreichend befahrbar, weshalb die Zuckerrüben verspätet gelegt wurden. Mit der anschließenden Trockenheit hatten die Rüben Schwierigkeiten einen geschlossenen Bestand zu entwickeln und sind zum Teil erst mit dem Regen im Juli aufgelaufen. Vor allem auf den Kuppen des kupierten Geländes sind im März 2024 noch einige Rüben zu finden, die zu klein für die Rodung waren (s. Bild Seite 24), und an denen sich die Wildschweine über Winter gerne bedient haben. Die ausgesäten Wintererbsen waren dagegen nicht von Interesse und wurden vom Schwarzwild verschont.
Weitere Maßnahmen folgen im Frühjahr
Während des Betriebsbesuches am 15. März wurde die Sommererbse ASTRONAUTE auf leichterem Land nach Silomais mit 90 Körnern/m² bestellt, die Frank Wellnitz ebenso im Vorauflauf gegen dikotyle Unkräuter behandeln wird. „Um die Erbse sauber zu halten, muss einiges passen“, meint Wellnitz hinsichtlich der begrenzten Möglichkeiten des chemischen Pflanzenschutzes und blickt dabei auch auf die Möglichkeiten der mechanischen Unkrautbekämpfung. Er weiß aber die Gelegenheit der Gräserbekämpfung in Erbsen zu schätzen – daher wird er im Nachauflauf noch eine Behandlung gegen Weidelgras fahren. Im weiteren Verlauf der Vegetation plant Frank Wellnitz die Winter- wie auch Sommerkörnererbse mit Mikronährstoffen zu versorgen und ggf. gegen Blattläuse, Blattrandkäfer oder Erbsenwickler vorzugehen.
Nils Christiansen wird den Betrieb weiter begleiten. Welche Unterschiede Frank Wellnitz in der weiteren Bestandesführung von Winter- und Sommerkörnererbse durchgeführt hat, wie hoch die Erträge beider Anbauformen sind und welche Schlüsse er aus dem Anbausplitting zieht, wird in der Oktoberausgabe der praxisnah zu lesen sein.
Schnell gelesen (Kurzfassung):
Die Wertschöpfung von Winterkörnerleguminosen besteht nicht nur im Ertrag, sondern auch in dem geringeren finanziellen Input, dem durch Symbiose mit Knöllchenbakterien gebundenen Stickstoff sowie in der exzellenten Vorfruchtwirkung. Nachfolgende Kulturen danken dies mit einer besseren Pflanzenentwicklung und höheren Kornerträgen. Die positive CO2-Bilanz rückt die heimischen Proteinpflanzen in ein gesellschaftlich positives Licht und birgt zukünftig weiteres ökonomisches Potenzial im Verkauf von CO2-Zertifikaten. Zudem steigt deutschlandweit die Nachfrage nach Leguminosen, weil die Märkte für Produkte aus diesen Rohstoffenwachsen.
Im Betrieb Agrargesellschaft stehen werden auf ca. 30 ha Winterkörnererbsen zusätzlich zu der Sommerform. Dieses Splitting reduziert die Anbaurisiken durch zu nasse Anbaubedingungen zu Zeiten der Sommeraussaat und durch Frühsommertrockenheit und lastet zudem Kapazitäten besser aus, da die Winterform früher geerntet wird. Der Beitrag erläutert zudem produktionstechnische Details.