Die Fruchtfolgegestaltung wird immer häufiger vor ganz verschiedenen Hintergründen diskutiert. Ob düngerechtliche Beschränkungen, Resistenzentwicklungen bei Unkräutern und Schädlingen, Einschränkungen im chemischen Pflanzenschutz, Arten- und Naturschutz oder Klimawandel: Immer wird als mögliche Anpassungsreaktion die Erweiterung von Fruchtfolgen genannt. Doch geschieht das in der Praxis tatsächlich? (Wie) können die versprochenen Vorteile genutzt werden? Welche Auswirkungen haben hoch volatile Märkte auf die ökonomische Vorzüglichkeit?
Egal in welches Strategiepapier oder auf welche Zukunftsvision des modernen Ackerbaus man blickt, überall wird die Fruchtfolge als zentraler Baustein für zukunftsfähige und nachhaltige Anbausysteme betrachtet. So gibt auch die neue Agrarpolitik der EU erstmals über die Konditionalitäten-Verordnung konkrete Vorgaben für die Fruchtfolgegestaltung auf Schlagebene vor. Künftig muss auf einem Drittel der Ackerflächen ein jährlicher Wechsel der Hauptfrucht stattfinden. Auf einem weiteren Drittel muss entweder ein Wechsel der Hauptfrucht erfolgen oder eine Zwischenfrucht bzw. Untersaat vom 15.10. bis zum 15.02. des Folgejahres auf der Fläche verbleiben. Spätestens im dritten Jahr ist dann aber auf allen Flächen ein Fruchtwechsel erforderlich. Ausnahmen hierfür gibt es unter anderem für ökologisch wirtschaftende Betriebe, für Betriebe mit hohem Dauergrünland- oder Futterbauanteil sowie beim Anbau von Roggen, Saatmais oder Tabak.
Enge Fruchtfolgen führen zu phytosanitären Problemen
Die Fruchtfolgegestaltung zu regulieren erscheint notwendig, weil in den vergangenen Jahrzehnten durch die zunehmende Spezialisierung der Betriebe und die ökonomische Optimierung die Fruchtfolgen häufig enger wurden. In Tierhaltungsregionen konzentrierte man sich auf die Produktion von Futtermitteln, während in Ackerbauregionen die gewinnträchtigsten Kulturen wie Winterweizen, Zuckerrübe oder Winterraps an Bedeutung gewannen.
Diese Einengung der Anbausysteme führte bekanntermaßen zunehmend zu Problemen. So wurden in Fruchtfolgen mit hohem Winterungsanteil spezifische Unkraut- und Ungrasarten wie Ackerfuchsschwanz, Windhalm oder auch zunehmend Weidelgräser selektiert. Während in Rotationen mit hohem Anteil Sommerungen das Vorkommen von Hirsearten oder auch vom Gänsefuß gefördert wurde. Einseitiger Unkrautdruck führte in Folge eines begrenzten Umfangs von Wirkstoffklassen und somit eingeschränktem Resistenzmanagement oft zu einseitiger chemischer Bekämpfung und Entstehung von Resistenzen gegen die verschiedenen Herbizid-Wirkstoffklassen.
Neben der Verunkrautung wurde durch enge Anbauabstände ebenso das Auftreten von Fruchtfolgeerregern gefördert für die es meist keine direkten Bekämpfungsmöglichkeiten gibt. So konnten sich Zystennematoden in Kartoffeln und Rüben, Kohlhernie und Sclerotinia im Raps oder auch bodenbürtige Viren im Getreideanbau ausbreiten.
Auch bei pilzlichen Erregern, für die es direkte Bekämpfungsmöglichkeiten gibt, kann durch eine angepasste Fruchtfolgegestaltung der Pflanzenschutzbedarf gesenkt werden. So überdauern einige Erreger wie Fusarien oder Septoria auf den Ernteresten der Vorkultur und können beim erneuten Anbau einer Wirtspflanze im nächsten Jahr schnell zu Neuinfektionen führen. Wird dieser Wirtskreislauf durch Fruchtwechsel und Anbaupausen unterbrochen, sinken Befallsrisiko und Behandlungsnotwendigkeit.
Geschickte Fruchtfolgen nutzen Nährstoffe effizienter
Doch nicht nur der Pflanzenschutz, auch Aspekte der Düngung wirken auf die Fruchtfolgegestaltung ein. Durch die Begrenzung der Düngehöhen speziell in Roten Gebieten stellt sich die Frage, welche Kulturen besonders N-effizient sind. Gerade in Mais und Zuckerrüben stehen einer relativ geringen Menge Stickstoff hohe Erträge gegenüber. Wenn der tatsächliche N-Düngebedarf in diesen Kulturen in der Vegetation ermittelt wird (z. B. Spät-Frühjahrs-Nmin), können häufig sogar noch N-Mengen eingespart werden. Aber auch Sonnenblumen als mögliche neue Kultur deuten in ersten Versuchen und Praxiserfahrungen an, dass sie Stickstoff sehr effizient nutzen können. Neben der Kultur im Anbaujahr können auch Effekte der Vorfrüchte genutzt werden. So zeigt Weizen nach einer Blattvorfrucht wie Raps oder Zuckerrüben im direkten Vergleich der Versuchsergebnisse der LWK Niedersachsen nicht nur ein verbessertes Ertragsniveau, sondern auch eine höhere N-Effizienz als Stoppelweizen und reagiert bei N-Einsparungen weniger stark (Abb. 1).
Besonders Körnerleguminosen sind in diesem Zusammenhang zu erwähnen. Deren Folgekultur findet mit den im Boden hinterlassenen N-Mengen und der guten Bodengare optimale Bedingungen vor. N-Einsparungen sind dann möglich, wenn diese Folgekultur (Haupt- oder Zwischenfrucht) den verbleibenden Stickstoff vor dem Winter aufnimmt und vor Verlagerung schützt. Je nach Boden- und Standortverhältnissen kann ebenso der gezielte Zwischenfruchtanbau helfen, Nährstoffe zu konservieren oder – mit Leguminosen als Mischungspartner – zusätzlich in das Anbausystem zu bringen.
Klimawandel macht neue Fruchtfolgen möglich
Auch die sich zunehmend abzeichnenden Folgen des Klimawandels beeinflussen immer stärker die Wahl der Kulturarten und somit der Fruchtfolgegestaltung. Erste Praktiker – besonders in Trockengebieten – wagen sich an den Anbau von Exoten wie Hirse, Kichererbsen, Quinoa oder Buchweizen. Andere Kulturen haben den Weg vom Exoten über eine Nischenkultur hin zu einer etablierten Kulturart bereits fast geschafft, wie Sonnenblumen oder Sojabohnen. Deren Anbauumfang ist zwar nach wie vor gering, in den letzten Jahren aber kontinuierlich angestiegen.
Ein breites Kulturartenspektrum bietet zudem eine Risikostreuung gegenüber Extremwetterlagen. Extreme Dürre- oder Hitzephasen treten zumeist nur temporär begrenzt auf. So werden immer nur einige Kulturen in ihrer kritischen Entwicklungsphase getroffen, während andere von früher oder später eintretenden besseren Entwicklungsbedingungen profitieren können.
Preisanstieg: Sind enge Fruchtfolgen dann wirtschaftlicher?
All diese Zusammenhänge sind keine neuen Erkenntnisse und haben in den letzten Jahren auch auf einigen Betrieben zu einem Umdenken bei der Fruchtfolgegestaltung geführt. Vor dem Hintergrund der weltpolitischen Geschehnisse gab es allerdings einige Marktverwerfungen, die diesen Bemühungen entgegenstehen. So sind im letzten Jahr vor allem die Preise für die großen Kulturen wie Weizen, Raps oder Körnermais gestiegen. Bei anderen Kulturen mit niedriger Anbaubedeutung wie beispielsweise Körnerleguminosen gab es hingegen weniger starke Preisveränderungen. Bei gleichzeitig deutlich steigenden Faktorpreisen wurden daher der Anbau der großen Kulturen erneut ausgedehnt und Fruchtfolgen wieder verengt.
Oft immense Kosten durch fruchtfolgebedingte Krankheiten
Diese vermeintliche Vorzüglichkeit zeigt sich vor allem beim einfachen Vergleich von Deckungsbeiträgen. Doch Achtung: Diese Deckungsbeiträge können die Kosten für zusätzliche Maßnahmen oder Ertragsverluste in Folge von zu engen Fruchtfolgen nicht realistisch abbilden! Allein bei der Bekämpfung von Ackerfuchsschwanz im Weizen können je nach Befallsdruck und Resistenzstatus Kosten in einer weiten Spanne von 50 bis 150 €/ha entstehen. Im Extremfall ist sogar eine Sanierung über mehrjährigen Feldfutterbau die letzte Möglichkeit – und das verursacht dann je nach betrieblichen Verwertungsmöglichkeiten noch deutlich höhere Kosten. Noch gravierender sind komplette Anbauverzichte auf einzelne Kulturen in Folge von auftretenden Fruchtfolgeerregern: Beispiele hier sind die Kohlhernie im Raps, die eine langfristige Anbauunterbrechung erfordert und der Kartoffelkrebs, der als Quarantäneschaderreger sogar behördliche Anbauverbote nach sich zieht.
Bei hohen Düngerpreisen rechnen sich Leguminosen besonders!
Mit Blick auf die Düngung versprechen Blattvorfrüchte, insbesondere Körnerleguminosen, Einsparpotenziale bei der Düngung durch erhöhte Nmin-Werte im Frühjahr und Nachlieferungspotenziale während der Vegetation. In Zeiten hoher Mineraldüngerpreise entstehen somit schnell relevante Kosteneinsparungen. Dieses zusammen mit weiteren Einsparpotenzialen bei der Bodenbearbeitung und möglichen Ertragsvorteilen durch die geschickte Vorfruchtwahl oder lange Anbaupausen bei sensiblen Kulturen (z. B. Raps, Kartoffel) lassen die Unterschiede im Deckungsbeitrag schnell verblassen. Hinzu kommen Fördermöglichkeiten im Rahmen der Ökoregelungen nach neuer GAP. Für den Anbau von mindestens fünf Kulturarten auf dem Betrieb (jede einzelne Hauptfrucht mindestens 10 % bis maximal 30 %, maximal 60 % Getreide) mit mindestens 10 % Leguminosen gibt es bundesweit eine Förderung von 45 €/ha für die Gesamtbetriebsfläche. In einzelnen Bundesländern werden diese Beträge auch auf bis zu 100 €/ha ergänzt. Diese Zusatzeinnahmen helfen zusätzlich, die geringeren Deckungsbeiträge einzelner Kulturen zu verbessern.
Green Deal: Umsetzung funktioniert nur mit weiten Fruchtfolgen
Blickt man nun aber noch weiter voraus auf die Ziele des europäischen Green Deals mit deutlichen Reduktionen beim Einsatz von Dünge- und Pflanzenschutzmitteln, so stellt sich die Frage, wie lange aktuelle (engere) Fruchtfolgesysteme pflanzenbaulich umsetzbar und langfristig ökonomisch tragbar sind. Sollten die geforderten Einsparungen von bis zu 50 % beim Einsatz chemischer Pflanzenschutzmittel und 20 % bei Düngemitteln umgesetzt werden, wird dies mit einigen der bestehenden Anbausysteme nur schwer zu erreichen sein. Welchen Beitrag die Fruchtfolge hierbei leisten kann, wird beispielsweise in den ersten Ergebnissen eines 2019 angelegten Fruchtfolgeversuchs der LWK Niedersachsen deutlich.
Beim Vergleich einer dreijährigen Rotation (Winterweizen-Wintergerste-Winterraps) mit einer erweiterten siebenjährigen Fruchtfolge (Winterweizen-Hafer-Winterweizen-Silomais-Ackerbohne-Wintergerste-Winterraps) treten deutliche Unterschiede bei den Behandlungsintensitäten auf (s. Abb. 2). Der Behandlungsindex beschreibt die Summe der Anwendungen von Pflanzenschutzmitteln mit Bezug auf behandelten Flächenanteil und Aufwandmenge im Vergleich zur maximal zugelassenen Menge.
Wie in der Abbildung 2 deutlich wird, sind die mittleren Behandlungsindizes der erweiterten Fruchtfolge in allen Betrachtungsjahren deutlich geringer. Mit Blick auf die einzelnen Behandlungsindizes der verschiedenen Kulturen (hier nicht dargestellt) wird deutlich, dass die Reduktion weniger durch Einsparungen in den in beiden Systemen angebauten Kulturen (Weizen, Gerste, Raps) erreicht wird, als vielmehr durch die Integration von Kulturen mit geringeren Behandlungsintensitäten wie Hafer, Ackerbohne oder Mais. Diese senken damit den Schnitt des integrierten Anbausystems insgesamt. Diese Verhältnisse sind jedoch je nach Jahr und Befallsgeschehen verschieden. Am Beispiel des Rapses wird deutlich, dass zudem aus einer einst Pflanzenschutzmittel-extensiven Kultur durch eine generelle Ausweitung des Anbaus sehr schnell eine Intensivkultur werden kann, sodass die Einsparpotenziale im Anbausystem sinken.
Aber auch in den parallel angebauten Kulturen können sich langfristig unterschiedliche Behandlungsnotwendigkeiten ergeben. So sollte der Besatz mit Ackerfuchsschwanz durch die Integration von Sommerungen langfristig sinken. Ebenso verspricht die lange Anbaupause beim Raps eine Reduktion des Infektionsdruckes mit Sclerotinia, sodass zukünftig eventuell auf eine Blütenbehandlung verzichtet werden kann.
Möglichkeiten der mechanischen Unkrautbekämpfung stärker nutzen
In diesem Zusammenhang ist aber auch die Eignung der verschiedenen Kulturarten für nicht chemische Pflanzenschutzmaßnahmen zu berücksichtigen. So eignen sich Reihenkulturen wie Mais, Zuckerrübe oder teils auch Leguminosen und Raps sehr gut für mechanische Verfahren zur Unkrautbekämpfung: So können hier Einsparpotenziale beim Herbizideinsatz realisiert werden, wenngleich diese in der Regel mehr Arbeitszeit und Energie benötigen. Je nach Ausgestaltung der zukünftigen Reduktionsziele kann hierdurch unter Umständen Spielraum in anderen Kulturen geschaffen werden, wo Reduktionen schwieriger umsetzbar sind. Dies sollte in einer ökonomischen Bewertung der Einzelkulturen zukünftig ebenfalls als Faktor berücksichtigt werden.
Fazit
Der alte Leitsatz eines permanenten Fruchtwechsels zwischen Blatt- und Halmfrüchten sowie Sommerungen und Winterungen wird wichtiger denn je. Je nach Betriebsform und Anbauregion bieten weite Anbausysteme viele Vorteile auch mit Blick auf zukünftige Restriktionen bei Düngung und chemischem Pflanzenschutz. Die notwendigen Einsparungen lassen sich jedoch nicht ausschließlich über die Fruchtfolge erzielen. Diese als Allheilmittel anzusehen, wäre also falsch, da sich Intensitäten verschieben, Erreger anpassen und betriebliche Notwendigkeiten die Möglichkeiten der Fruchtfolgegestaltung begrenzen. Es kann langfristig sehr teuer werden, wenn man jetzt kurzfristig zu engen Fruchtfolgen zurückkehrt, um aktuell hoch attraktive Preise „mitzunehmen“.
Bild: Kai-Hendrik Howind
Schnell gelesen (Kurzfassung):
Der Autor Kai-Hendrik Howind von der Landwirtschaftskammer Niedersachsen hält die Erweiterung der Fruchtfolge zwar für ein unverzichtbares Instrument, will bzw. muss man mit weniger Düngung und Pflanzenschutz auskommen. Aber als ein Allheilmittel sieht er sie nicht.
In seinen Ausführungen geht er auf folgende Aspekte ein:
- Welche phytosanitären Auswirkungen haben enge Fruchtfolgen und welche Kostenreduktionen lassen sich durch eine Erweiterung der Fruchtfolge erzielen?
- Welche Auswirkung hat die Vorfrucht auf die Stickstoffeffizienz von Weizen – oder wie lassen sich Nährstoffe durch geschickte Fruchtwahl besser ausnutzen?
- Lohnt es sich, bei steigenden Getreidepreisen wieder mehr auf Wintergetreide zu setzen oder schafft man sich damit langfristige und teure Probleme?
- Kann der Greendeal überhaupt mit engen Fruchtfolgen funktionieren?