Nässe und Strukturschäden im Herbst 2023 – lernen wir endlich draus!

Nässe und Strukturschäden im Herbst 2023 – lernen wir endlich draus!

Nässe und Strukturschäden haben die Landwirtschaft im Herbst 2023 in Deutschland auf eine Geduldsprobe gestellt. Bereits im Herbst 2017 erlebten wir ein ähnliches Ausmaß. Das Wetter war dabei jedoch nie alleine schuld – ein Teil war „hausgemacht“. Welche Schlussfolgerungen wir aus dem Herbst 2023 ziehen müssen, erläutert Matthias Hoppert, Berater für Pflanzenbau und Betriebswirtschaft bei der Landwirtschaftlichen Beratungs-Organisation e.V.

Vor allem der Nordwesten Deutschlands litt im vergangenen Jahr enorm unter dem extrem feuchten Herbst sowie an den nassen Folgemonaten bis in den Februar hinein. Die Mitte und auch den Süden Deutschlands traf es erst später ab Mitte Oktober.


Hackfruchternte bei Nässe führte zu tief liegenden Bodenschäden

Die Ernte der Hackfrüchte stellte viele Betriebe vor eine Zerreißprobe. Da der Erntetermin drängte und darüber hinaus auch keine Wetterbesserung in Sicht war, gingen dem ein oder anderen die Nerven durch, sodass sehr oft die Ernte unter extrem nassen Bedingungen auf nahezu unbefahrbaren Feldern durchgeführt wurde. Vor allem bei der Kartoffel- und Zuckerrübenernte, wo kein Quadratmeter Ackerboden unbefahren bleibt, wurden die Böden enorm in Mitleidenschaft gezogen. Im Unterschied zu den 80er- oder 90er-Jahren quält sich unsere moderne Technik auch noch unter schwierigsten Bedingungen durch den Acker.

Das anschaulichste Beispiel hierfür ist die Zuckerrübenernte. Zwar reduzieren die großvolumigen Reifen der Rübenroder den Kontaktflächendruck auf den Boden, wodurch eine sichere Befahrung auch unter schwierigsten Bedingungen möglich ist. Aber mit der Steigerung der Reifenvolumengröße geht leider auch immer ein Zuwachs der Radlasten einher, sodass ein Standard 6-reihiger Rübenroder weit über 10 Tonnen Radlast auf die Waage bringt. Das Tückische ist, dass sich mit zunehmenden Reifenbreiten und Radlasten die Druckzwiebel wesentlich tiefer in den Boden ausdehnen kann, als das noch vor einigen Jahren mit leichteren und kompakteren Maschinen der Fall war. Wir erzeugen mit unserer modernen Technik also Schadverdichtungen, die bis in den Untergrund hineinreichen. Mit herkömmlichen Bodenbearbeitungsgeräten können diese nicht beseitigt werden!


Krumenbasisverdichtungen durch Erntetechnik und „innere Erosion“

Dies gilt auch für den Mähdrescher. Wir haben es in vielen Betrieben mittlerweile mit einer Krumenbasisverdichtung zu tun, die man erst ab ca. 30 cm Bodentiefe wahrnimmt. Die historisch hohen Niederschläge in diesem Herbst und Winter konnten dann nicht in den Unterboden abdrainieren. Daher kam es temporär, teilweise sogar über Wochen und Monate, zu Staunässe im Oberboden. Krumenbasisverdichtungen sind jedoch nicht nur technischer Natur. Häufig haben wir es hier auch mit der sogenannten „inneren Erosion“ zu tun (Abb. 2). Bei der inneren Erosion trennt sich die volumetrisch feine Bodenfraktion von der groben Fraktion. In der Regel verlagert sich die Tonfraktion durch die mittlerweile deutlich gestiegene Regen-Erosivität in Richtung des unteren Krumenbereiches und lagert sich dort ab, wo die Lagerungsdichte des Bodens wieder stark zu nimmt. Der Grobporenanteil nimmt in diesem Bereich sehr stark ab, wodurch eine Schicht entsteht, die das Wasser nur sehr langsam in den Untergrund ableitet. Man kennt dieses Phänomen auch von pseudovergleyten Böden. Diese Grenzfläche ist in der Regel dort zu finden, wo auch die langjährige Bearbeitungstiefe endet. In der Praxis wird das oft als „Pflugsohle“ wahrgenommen, hat aber gar nicht zwingend etwas mit dem Einsatz des Pfluges zu tun. Dieser Begriff rückt den Pflug völlig zu Unrecht in ein schlechtes Bild. Denn die Hauptursache liegt darin, dass es an vielen Standorten an stabilen Ton-Humus-Komplexen mangelt, die eine Verlagerung der Tonfraktion verhindern.

Krumenbasisverdichtung aufgrund innerer Erosion
Krumenbasisverdichtung aufgrund innerer Erosion


Humusaufbau gegen Verdichtungen

Für stabile Ton-Humus-Komplexe benötigt es neben der Tonfraktion, die in den meisten Böden zu finden ist, Humus und Kalzium. Der Humusaufbau ist ein komplexes Thema und ein über Generationen angelegtes Projekt, weshalb wir auf diesen kurzfristig nur sehr wenig Einfluss haben. Den Kalziumhaushalt können wir jedoch sehr rasch und effektiv beeinflussen. Ist dieser optimal eingestellt, so wird auch der Aufbau von Ton-Humus-Komplexen begünstigt: Stabilität des Bodengefüges und das Grobporenvolumen nehmen zu und die Regenverdaulichkeit verbessert sich. Aufgrund hoher Pachtpreise und der hohen Flächenfluktuation ist die Kalkdüngung leider bei vielen Betrieben seit geraumer Zeit ins Hintertreffen geraten. Hier wird häufig ignoriert, dass die Kalkdüngung gemessen an den Kosten für die Stickstoff-, Phosphat- und Kaliumdüngung die effektivste ist und auch die Kosten in aller Regel überschaubar sind.


Kalziummangel führt zu einem sehr instabilen Bodengefüge, das stärkeren Niederschlägen nicht standhält.
Kalziummangel führt zu einem sehr instabilen Bodengefüge, das stärkeren Niederschlägen nicht standhält.


Bei bereits vorliegender Horizontierung und Tonverlagerung gilt es, über Gegenmaßnahmen nachzudenken. Der Tiefenlockerer kann zwar Horizonte brechen, jedoch ist dieser nicht in der Lage, eine verlagerte Tonfraktion wieder an die Bodenoberfläche zu holen. Somit ist der Tiefenlockerer eher das richtige Gerät, wenn es zu Schadverdichtungen aufgrund zu hoher Radlasten oder der Befahrung bei Nässe gekommen ist.

Bei Verlagerung der Tonfraktion jedoch sollte der Pflug in einen sehr tiefen Bearbeitungsgang unter geeigneten Bedingungen (nicht zu feucht) zum Einsatz kommen. Der Pflug ist das einzige Gerät, das verlagertes Material ganzflächig nach oben drehen kann. Nach dieser Bearbeitung ist das mechanisch geschaffene Gefüge instabil und muss daher umgehend mit Wurzeln stabilisiert werden. Geschieht das nicht, so geht der Effekt einer solchen Bearbeitung binnen kürzester Zeit wieder verloren. Somit eignet sich eine solche kostenintensive Reparaturmaßnahme am besten vor tiefwurzelnden Kulturen wie Raps oder Zwischenfrüchten oder vor der Einsaat von Feldfutter wie Luzerne oder Kleegras. Dann bekommt der Boden genügend Zeit, eine natürliche Porung und eine hohe Gefügestabilität wiederaufzubauen.


Fazit

Grundsätzlich müssen wir uns darauf einstellen, dass im Zuge des Klimawandels die Winterniederschläge deutlich zunehmen und wir im Gegenzug im Sommer mit längeren Trockenphasen zu kämpfen haben. Jahre wie 2002, 2017, 2021 und 2023 werden nicht mehr die Ausnahme, sondern die Regel sein. Wir müssen daher die Regenverdaulichkeit der Flächen steigern, um die Niederschläge aus dem Winter auch in der Fläche zu halten. Darüber hinaus ist es allerdings von größter Notwendigkeit, auch das Risiko von Extremwetterereignissen über die Fruchtfolge zu streuen. Ein geschlossener Pflanzenbewuchs mit ordentlicher Wurzelentwicklung über den Herbst und Winter ist ein Muss! Dies funktioniert jedoch nicht mit z. B. Silomais nach Hackfrüchten. Wir werden uns von rein ökonomisch getriebenen Fruchtfolgen verabschieden müssen, um zukünftig das finanzielle Risiko einzuschränken. Nicht abfrierenden Zwischenfrüchten oder auch dem Zweitfruchtanbau in Biogas- oder Milchviehbetrieben kommen hierbei eine größere Bedeutung zu. Der Anspruch an das Zwischen-/Zweitfruchtmanagement steigt hierdurch jedoch deutlich. Wenn etwas schiefläuft, steht uns jetzt noch Glyphosat (außer in Wasserschutzgebieten) als Instrument zur Notkorrektur zur Verfügung.


Schnell gelesen (Kurzfassung):

Besonders in Norddeutschland wurden oft Hackfrüchte bei durchnässten Böden geerntet – die Folge waren große Schäden in den Boden durch den Einsatz schwerer, moderner Maschinen mit großen Reifen, die den Bodendruck erhöhen.

Eine Hauptursache für die Verdichtung tieferer Bodenschichten (Krumenbasisverdichtung) ist die mechanische Belastung durch die Erntetechnik – Rodetechnik aber auch Mähdrescher. Krumenbasisverdichtungen sind jedoch nicht nur technischer Natur. Häufig haben wir es hier auch mit der sogenannten „inneren Erosion“ zu tun. Dies ist ein Verlagerung feiner Bodenpartikel, die den Wasserfluss weiter behindert. Man kennt dieses Phänomen auch von pseudovergleyten Boden. Diese Verdichtungen – in der Praxis oft auch fälschlicherweise als Pflugsohle benannt - sind mit herkömmlichen Methoden kaum rückgängig zu machen.

Maßnahmen gegen Bodenverdichtungen sind

  • Aufbau von Ton-Humus-Komplexen durch ausgewogene Kalkdüngung und Humusaufbau, was jedoch eine langfristige Strategie erfordert.
  • In akuten Fällen kann der Einsatz eines Tiefenlockerers helfen, Verdichtungen aufzubrechen, während der Pflug dazu genutzt werden kann, verlagertes Material an die Oberfläche zu bringen. Diese Maßnahmen sollten idealerweise vor dem Anbau tiefwurzelnder Pflanzen erfolgen, um die Bodenstruktur nachhaltig zu verbessern.
  • Bei Verlagerung der Tonfraktion jedoch sollte der Pflug in einen sehr tiefen Bearbeitungsgang unter geeigneten Bedingungen (nicht zu feucht) zum Einsatz kommen. Der Pflug ist das einzige Gerät, das verlagertes Material ganzflächig nach oben drehen kann.

Der Beitrag betont die Notwendigkeit, sich auf zunehmende Winterniederschläge und längere Trockenphasen im Sommer einzustellen, wie sie der Klimawandel mit sich bringt: Besonders durch  Anpassung der Fruchtfolgen und den  Einsatz von Zwischenfrüchten zur Verbesserung der Bodenstruktur