Sönke Strampe, Landwirt aus der Lüneburger Heide mag keine gefestigte 08/15-Landwirtschaft. Seine Wirtschaftsweise wird daher durch Vielfalt, Flexibilität und Ausprobieren geprägt –nicht nur im Pflanzenbau, sondern auch in der Vermarktung. Markt und Klimawandel sind Herausforderungen, die ständige Strategiewechsel von dem Betriebsleiter fordern.
Der Betrieb von Sönke Strampe bringt einige Vorzüge mit, die nicht selbstverständlich sind: 95 % der insgesamt 245 Hektar landwirtschaftlichen Nutzfläche sind Eigentum, die Flächen sind überwiegend arrondiert und zudem homogen. Mit 24–75 Bodenpunkten (Durchschnitt 46) handelt es sich zwar nicht um Top-Böden, aber der anlehmige Sand ist nahezu immer gut bearbeitbar und das Beregnungskontingent von 70 mm pro Hektar und Jahr hat bisher – auch 2018 und 2022 – für zufriedenstellende Erträge ausgereicht.
Süßkartoffeln: Temperatur-Mimosen, aber problemlos in der Fruchtfolge
Strampe bezeichnet den Gemüseanteil in seiner Fruchtfolge aus ackerbaulicher Sicht als „ausbaufähig“. Zwar binden Süßkartoffel und Kürbis mehr als die Hälfte der Arbeitszeit, aber das sei vor allem der breit aufgestellten und aufwändigen Vermarktung geschuldet. Ein Splitting von Direkt- und Onlinevermarktung und CrowdFarming sowie ein eigenständiges Marketing erfordern viel Zeit.
Auf zurzeit ca. 10 Hektar werden Süßkartoffeln angebaut, deren Produktion sich deutlich von der „normaler“ Kartoffeln unterscheidet und daher zunächst einen hohen Investitionsbedarf für Maschinen erforderte. Die frostempfindlichen Setzlinge werden im Mai erst nach den Eisheiligen gesetzt. „Alles unter 0 °C führt zum wirtschaftlichen Totalschaden, selbst wenn die Pflanzen vielleicht noch einmal austreiben“, sind die Erfahrungen des Biolandwirts. Was für die Pflanzen gilt, trifft auch für die Knollen zu, die daher unbedingt Ende September vom Acker müssen. Als Windengewächs machen Süßkartoffeln in der Fruchtfolge keinerlei Probleme, allenfalls Drahtwurm und Mäuse können schon negativ auffallen. „Süßkartoffeln stellen auch an die Vorfrucht keine großen Ansprüche, bei mir steht diese Kultur oft nach Getreide zur Körnernutzung und Winterroggen als winterharte Zwischenfrucht“, berichtet Strampe. „Das Roden stresst den Boden allerdings schon sehr. Zudem hinterlässt die Süßkartoffel auch nur wenig Nährstoffe. Daher folgt bei mir Dinkel, der übrigens trotzdem ohne Dünger noch im Schnitt 47 dt/ha bringt.“ Dinkel – Strampe setzt zurzeit auf die Sorte ZOLLERNSPELZ – ist seine eigentliche Hauptfrucht, die auf 60–80 ha steht und über die Bohlsener Mühle vermarktet wird. Über diesen Absatzweg gehen auch Roggen und Hafer, deren Umfang in der Fruchtfolge dem Wunsch der Mühle angepasst wird. Auch Hanf für die Körner- und Ölproduktion wird angebaut, der seitens der Naturkosmetik nachgefragt wird.
Alternative zur organischen Düngung
Ackerbohne, Kleegras und ein Gemengeanbau von Wintererbsen und -gerste tragen zu einem ausgeglichenen Nährstoffhaushalt bei. Darüber hinaus wird auf dem viehlosen Betrieb mit zugekauftem organischen Dünger wie Hühnertrockenkot, Rinder- und Pferdemist gedüngt. „Hühnertrockenkot ist allerdings in den letzten Jahren besonders von November bis Februar knapp geworden und die Preise sind entsprechend hoch. Deshalb brauchte ich Alternativen“, erläutert Strampe den hauptsächlichen Beweggrund, das Cut-and-Carry-Verfahren auszuprobieren.
Was ist Cut-and-Carry? Beim Cut-and-Carry-Verfahren wird der Pflanzenaufwuchs auf einem „Geberfeld“ gemäht, gehäckselt und auf ein „Nehmerfeld“ transportiert. Dies kann entweder in Form des Frischschnittes erfolgen oder aber auch über den Zwischenschritt Silage. Auf dem Nehmerfeld wird die biologische Masse als Dünger eingearbeitet oder oberflächig als Mulchauflage ausgebracht, um den Unkrautwuchs zu reduzieren. Besonders geeignet sind Futterbaugemenge wie Klee- und Luzernegras.
alle Bilder: Strampe |
Dabei habe er sich am Anfang bei dem Gedanken schwergetan, dass die Geberfläche mehr als 3 Jahre lang keinen vermarktbaren Ertrag liefere. Aber: „Letztlich muss man den Beitrag dieser Fläche an der Leistungsfähigkeit der Gesamtfruchtfolge bewerten. Das kann man natürlich nur, wenn man das einige Jahre durchhält.“ Es habe im Prinzip zu dem Cut-and-Carry keine Alternative für die Kleegrasflächen gegeben. Der viehlose Betrieb könne den Aufwuchs allenfalls vermarkten, allerdings fehlen dazu in dieser Region ökologisch wirtschaftende Viehbetriebe.
Nach 3 Jahren Kleegras braucht man auf dieser Fläche 2 Jahre nicht zu düngen
Nach einigen Monaten Etablierungszeit, kann das Kleegras auf der Geberfläche noch ca. 2,5 Jahre mit 3 Schnitten/Jahr genutzt werden. Die Schnitte werden nach einem Tag Anwelkzeit per Ladewagen auf die Nehmerflächen transportiert, wobei die Transportwege, aufgrund der guten Arrondierung, kaum länger als 3 km sind. Auf dem Nehmerfeld wird das Material entweder flach eingearbeitet oder es verbleibt auf der Oberfläche. „Der Schnitt verrottet in der Regel sehr schnell“, hat Strampe beobachtet. „Nach nur 10 Tagen findet man nur noch wenig Reste, die kein Problem bei der Saat der Folgekultur darstellen. Das C/N-Verhältnis liegt etwa bei 17 – damit wird der Stickstoff über einen längeren Zeitraum freigesetzt. Daher steht auf der Nehmerfläche nachfolgend Getreide, das im Herbst nur wenig Stickstoff benötigt.“
Die Geberfläche profitiert vor allem über die gute Bodenstruktur und den hohen Nährstoffgehalt nach dem Umbruch des Kleegrases. Dieser erfolgt je nach Standortbedingungen über eine intensive Bearbeitung mit der Scheibenegge oder mit dem Tiefengrubber, nur im äußersten Notfall kommt der Pflug zum Einsatz. Nach dem Umbruch sollte der Acker „blank“ hinterlassen wird, damit der Unkrautbefall in der gesamten Fruchtfolge deutlich zurückgeht. Einzige Problempflanze ist hier der Ampfer, der per Hand gestochen wird. Zwei Jahre nach dem Umbruch ist keinerlei Düngung notwendig.
Klimawandel erfordert neue Strategien
2022 kam wegen ausgeprägter Trockenheit im Spätsommer das Kleegras erst im September in den Boden und war damit zu spät, um sich schnell zu etablieren. „Es wird in Zukunft wegen des Klimawandels vermutlich häufiger zu solchen ungünstigen Bedingungen kommen, die die Funktionalität des Systems erschweren“, befürchtet der Landwirt.
Auf seinen Flächen litten vor allem die Sommerungen unter der Frühsommertrockenheit, die immer häufiger und ausgeprägter vorkomme. Die leichten Böden können zudem die Feuchtigkeit nicht gut speichern. „Da muss ich schon jetzt über Alternativstrategien nachdenken, auch wenn das alles im Moment noch handelbar ist, weil ich beregnen kann. Ich werde es zum Beispiel mal mit Winterackerbohnen versuchen, die die Winterfeuchtigkeit besser ausnutzen können und bereits aus dem Gröbsten raus ist, wenn es trocken wird. Auch über eine weitere Reduzierung der Bodenbearbeitung denke ich nach, um Wasser zu sparen.“
Schnell gelesen (Kurzfassung):
Diese Betriebsreportage berichtet von einem Betrieb, der versucht, mit Hilfe des Cut & Carry-Verfahrens unabhängiger von zugekauften organischen Düngern zu werden.