Betriebsreportage: Ohne Glyphosat – so kann es funktionieren!

Betriebsreportage: Ohne Glyphosat – so kann es funktionieren!

Seit spätestens 2016 beschäftigt sich Christian Ringenberg aus Alt Negentin im Raum Greifswald intensiv mit dem Thema Nachhaltigkeit im Ackerbau. Damals starteten erste Gespräche zur Agrarinitiative Greifswald, deren Mitglied der studierte Landwirt seit ihrer Gründung ist. Im Gespräch mit Martin Rupnow, Fachberater für Mecklenburg-Vorpommern, und Dr. Anke Boenisch, Redaktion praxisnah, erläutert er, wie er auch ohne Glyphosat erfolgreich arbeitet.

Zusammen mit seiner Frau und 5 Angestellten bewirtschaftet Christian Ringenberg seit fast 20 Jahren einen ca. 1.000 ha großen Ackerbaubetrieb mit Ackerzahlen von 18 bis 55 (Mittel 35) bei ca. 550 mm Niederschlag/Jahr.


ls er 2016 das erste Mal mit der Agrarinitiative Greifswald in Kontakt kam, beeindruckte ihn vor allem, dass hier von Anfang an das komplexe Thema Nachhaltigkeit in der Landwirtschaft gemeinsam mit Akteuren aus Politik, Umweltverbänden und Landwirtschaft der Region diskutiert wurde. „Hier erkannte man spätere politische Entwicklungen schon früh und Projekte wurden realitätsnah mit Leben gefüllt und laufend weiterentwickelt“, zeigt sich der Landwirt beeindruckt. „So war natürlich auch sehr früh das Thema Glyphosat auf dem Tisch.“ Als Pächter städtischer Flächen ist der Glyphosatverzicht bei ihm verpflichtend im gesamten Betrieb.

Über die Jahre hat er viel ausprobiert, um unerwünschte Beipflanzen auf ein verträgliches Maß zu reduzieren und nutzt dabei im Wesentlichen folgende, ineinandergreifende Stellschrauben:

  1. eine Fruchtfolge mit Sommerkulturen, um auch andere Herbizidwirkstoffe nutzen zu können
  2. eine mechanische, standort- und pflanzenoptimierte Unkrautbekämpfung
  3. der gezielte Anbau von Zwischenfrüchten

Mit Sommerungen den Unkrautdruck reduzieren

Früher wurde auf dem Betrieb die für diese Region typische Fruchtfolge Winterraps – Winterweizen – Wintergerste (und in geringem Umfang Futterrüben) gefahren. Ökonomisch war das hier hoch lukrativ, aber nur mit einem hohen Aufwand an Pflanzenschutz zu realisieren. Auch mit Blick auf die Unkrautbekämpfung wurde die Fruchtfolge erheblich erweitert und besteht heute aus den Winterungen Weizen, Gerste, Raps und den Sommerungen Mais, Erbse, Zuckerrübe. Hinzu kommt ein intensiver Zwischenfruchtanbau. Durch den Wechsel von Winterungen, Sommerungen und Zwischenfrüchten wird verhindert, dass sich Problemungräser wie Quecke, Weidelgräser, Trespe oder Ackerfuchsschwanz „aufschaukeln“. Die in den Sommerungen eingesetzten Herbizide haben einen sehr guten Wirkungsgrad.

Für den Humusaufbau bzw. -erhalt „importiert“ der reine Ackerbaubetrieb 22.500 m³ Gülle von einem Nachbarn, der im Gegenzug Stroh und Mais erhält. Der ausgeglichene Humushaushalt bzw. Humusaufbau – wo sinnvoll und nötig – sind ebenfalls wichtige Themen der Agrarinitiative. „Die Gülle in Kombination mit den Zwischenfrüchten ist hier sehr wichtig und trägt zur Aktivierung des Bodenlebens bei“, betont Ringenberg. Auch von der Erbse hält er in Sachen Vorfruchtwert, Bodenstruktur und Nährstoffversorgung sehr viel, schränkt aber ein: „Wenn man ehrlich ist, ist die Erbse hier auf diesen weizenfähigen Standorten nur mit der derzeitigen lukrativen Förderung von insgesamt 105 Euro/Hektar wettbewerbsfähig.“


Arbeit eines Horsch Cruiser
Arbeit eines Horsch Cruiser

Horsch Cruiser
Horsch Cruiser


Weite Fruchtfolge lässt intensive mechanische Unkrautbekämpfung zu

Die mechanische Unkrautbekämpfung ist ein wichtiger Baustein seines Herbizidmanagementes. Ganz wichtig ist es dabei, die Maßnahmen auf das Pflanzenwachstum und die Bodenverhältnisse flexibel abzustimmen. Dies ist nur möglich, wenn man einerseits über einen entsprechenden Maschinenpark und andererseits die notwendige menschliche Schlagkraft verfügt. „Ich habe im Laufe der Jahre sehr viel Geld in die Technik gesteckt und verfüge jetzt über ein ganzes Arsenal von Striegeln und Grubbern, hinzu kommt eine Messerwalze bzw. Cambridgewalze. Das Ende der Investitionen ist auch leider noch nicht erreicht. Das rechnet sich aber nur, weil auch mein Bruder mit seinem Betrieb diese Technik mit nutzt und jedes Gerät daher viele Hektar macht.“ Wichtig bei der mechanischen Unkrautbekämpfung sei das „just-in-time“, weshalb der Einkauf der Dienstleistung über ein Lohnunternehmen als Alternative zum Maschinenkauf in der Regel nicht funktioniere.

Hacken und Striegeln der Bestände kann sehr gut bei den Reihenkulturen Mais und Zuckerrübe durchgeführt werden, aber auch bei der Erbse, die im Vorauflauf gestriegelt wird.


Unverzichtbar für die Unkrautbekämpfung: Zwischenfrüchte

Die Fruchtfolge lässt nicht nur eine intensive mechanische Unkrautbekämpfung zu, sondern auch den mehrfachen Einsatz von Zwischenfrüchten. Aufgrund der Tatsache, dass sich Raps und Erbsen in der Fruchtfolge befinden, ist die Auswahl hier jedoch stark eingeschränkt. Zudem wird eine absolut sicher abfrierende Zwischenfrucht benötigt. „Da bleibt nicht mehr viel: Phacelia ist hier die beste Wahl. Sie friert sicher ab, verwertet die Gülle-Nährstoffe gut, bringt eine tolle Bodenstruktur und bildet üppige Bestände, die vor allem den ansonsten problematischen Altraps wirkungsvoll unterdrücken. Unter der Phacelia bleibt der Raps sehr klein und bildet auch nur wenig Wurzeln aus, die sich dann bei dem Grubbern der abgefrorenen Bestände gut durchschneiden lassen. Der Grubber ist so eingestellt, dass er die Masse flach abschneidet und der Striegel sorgt dann dafür, dass die Wurzeln nach oben „gedreht“ werden. Diese könnten dann auch bei Feuchtigkeit nicht wieder anwachsen. Es bildet sich ein dichter, brüchiger Mulch, in den dann die Aussaat der Nachfolgekultur erfolgen kann. Das Abfrieren der Pflanzen funktioniert noch besser, wenn man bei Frost walzt. Dann wird auch der Boden nicht zu stark belastet.“

Dabei ist dem Landwirt sehr wichtig, dass „die Zwischenfrucht wie eine Hauptkultur geführt wird. Das fängt mit einer sorgfältigen Saatbettbereitung an.“ Nach der Ernte der Vorkultur wird auf dem Betrieb gestriegelt, gegrubbert und wenn notwendig erfolgt ein Blindstriegeln nach der Saat.

Ein gut entwickelter Phaceliabestand unterdrückt Altraps sehr effektiv.
Ein gut entwickelter Phaceliabestand unterdrückt Altraps sehr effektiv.

Die Saatstärken liegen nicht unter der Empfehlung. „Was man vorne gut hinbekommt, muss man hinten nicht wegspritzen. Ein dünner Zwischenfruchtbestand bringt nichts: nichts für die Bodenstruktur, zu wenig für die Nährstoffbindung und nichts für die Unkrautunterdrückung“, stellt er klar.


Es geht ohne Glyphosat, aber …

Martin Rupnow und Christian Ringenberg in einem gut entwickelten Phaceliabestand
Martin Rupnow und Christian Ringenberg in einem gut entwickelten Phaceliabestand


Ringenberg hat keine Angst vor einem eventuellen Glyphosatverbot oder einer starken Regulierung. Seiner Erfahrung nach muss jedoch die gesamte Pflanzenproduktion neu ausgerichtet werden: weitere Fruchtfolgen, mehr mechanische Maßnahmen und damit auch große Investitionen in Technik, die in der Regel vorher nicht vorhanden ist. Und es ist seiner Ansicht nach sehr wichtig, dass „man sich intensiver mit Pflanzen und Boden beschäftigt, bereit und auch in der Lage ist, flexibel zu agieren und strategisch anders zu denken. Ich gehe auch davon aus, dass wir zukünftig häufiger als nur zur Gerste auf Trespenstandorten den Pflug einsetzen müssen, um die Gräser im Griff zu behalten.“

Das alles sei ein dauernder Prozess, der sich langfristig rechnen müsse. Nachhaltigkeit ist ihm sehr wichtig und darf ihn auch etwas kosten. Wie weit er dabei gehen will, ist seine jeweilige unternehmerische Entscheidung: „Ich bin gern bereit, mich und meine Prozesse zu optimieren – aber nicht um jeden Preis und nicht auf eigene Kosten.


Schnell gelesen (Kurzfassung):

Dabei sind es in erster Linie folgende, ineinandergreifende Stellschrauben:

  1. Eine Fruchtfolge mit Sommerkulturen, um auch andere Herbizid-Wirkstoffe nutzen zu können. Durch den Wechsel von Winterungen, Sommerungen und Zwischenfruchten wird verhindert, dass sich Problemungräser wie Quecke, Weidelgraser, Trespe oder Ackerfuchsschwanz „aufschaukeln“. Die in den Sommerungen eingesetzten Herbizide haben einen sehr guten Wirkungsgrad.
  2.  eine mechanische, standort- und pflanzenoptimierte Unkrautbekämpfung
    Die mechanische Unkrautbekämpfung ist ein wichtiger Baustein seines Herbizidmanagementes. Ganz wichtig ist es dabei, die Maßnahmen auf das Pflanzenwachstum und die Bodenverhältnisse flexibel abzustimmen. Dazu braucht es einen ausreichend großen Maschinenpark und auch Personal.
  3.  der gezielte Anbau von Zwischenfrüchten 
    Ein intensiver Anbau von Zwischenfrüchten ist für die Unkrautbekämpfung – vor allem Altraps – unabdingbar.

Wenn ein Betrieb von Glyphosat aus umstellt, so ist dann nach Erfahrung des Betriebsleiters notwendig, die gesamte Pflanzenproduktion neu auszurichten: weitere Fruchtfolgen, mehr mechanische Maßnahmen und damit auch große Investitionen in Technik, die in der Regel vorher nicht vorhanden ist.