Für Lukas Weßling (Betriebsleiter von der Werreland GbR) ist die „Cashcow“ die Kartoffel. Besonders für diese Kultur sollte also im Idealfall alles passen. Zwischenfrüchte sind dann natürlich für die Absicherung von Ertrag und Qualität Pflicht. Zusätzlich sorgt unter anderem die Direktsaat der Zwischenfrucht in die Getreidestoppel dafür, dass der wertvolle Boden da bleibt, wo er ist.
Auf Gut Oberbehme in Kirchlengern (Nordrhein-Westfalen) ist die Schwerpunktkultur die Kartoffel für die Chips-Produktion. Mit ca. 300 Hektar spielt auch der Winterweizen eine große Rolle, Zuckerrüben, Wintergerste, Winterraps und auch Körnermais werden ebenfalls angebaut. Die 850 Hektar Ackerfläche sind sehr heterogen, meist sandige Lehme mit Bodenpunkten zwischen 35 und 70. Etwa ein Drittel der Fläche liegt in Roten Gebieten, teilweise sind die Flächen aber auch als Wasserschutz- oder Heilquellenschutzgebiete ausgewiesen und unterliegen somit weiteren Auflagen. Auch wenn keine ausgesprochenen Hangflächen vorhanden sind, weisen viele Schläge doch eine deutliche Neigung auf und sind erosionsgefährdet.
Nicht nur Standard bei der Wahl der Zwischenfrucht
Zwischenfrüchte stehen hier grundsätzlich nach Getreide und vor der Sommerung. Das Thema Humus ist für den Betriebsleiter sehr wichtig: „Sowohl Zuckerrüben als auch Kartoffeln sind nicht dazu geeignet, Humusgehalte zu mehren. Neben phytosanitären Aspekten muss also die Zwischenfrucht auch dafür sorgen, dass die Humusgehalte mindestens konstant bleiben.“
Viele Betriebe setzen vor der Kartoffel zur Bekämpfung auf multiresistenten Ölrettich – das macht Weßling im Grundsatz auch. „Viele Ölrettichsorten tragen den Zusatz ‚multiresistent’. Mir ist es aber wichtig, dass diese Resistenz auch in Versuchen überprüft und bestätigt wurde. Daher ist für mich die Sorte DEFENDER gesetzt.“ Allerdings setzt der Betriebsleiter seit drei Jahren dabei auch auf den Mischungspartner Sommerwicke. „In erster Linie hat sich gezeigt, dass diese Kombination Ölrettich/Wicke besser für die Bodenstruktur ist. Wir wollen zur Kartoffel keinen Pflug einsetzen. Auf leichten Böden können wir relativ tief grubbern, nicht jedoch auf den schwereren Standorten. Hier muss die Zwischenfrucht die Tiefenlockerung übernehmen“, führt Weßling aus. Und das klappt eben besonders gut mit der tief wurzelnden Wicke, die zudem noch Stickstoff für den Ölrettich liefert. Dadurch wird der Anbauerfolg auch im Roten Gebiet ohne Düngung gesichert.
Die Kombination aus Ölrettich und Sommerwicke friert i. d. R. über Winter ab und kann problemlos gegrubbert werden. Das Abfrieren im Winter ist nicht nur positiv zu beurteilen, denn die oft im Spätherbst noch hervorragende Bodengare leidet, wenn auf die vollständig abgefrorene Pflanzenmasse dann im Winter sehr viel Regen fällt. Testweise hat der Landwirt in diesem Jahr daher winterharte Komponenten in die Mischung mit aufgenommen. „Ich verspreche mir von Komponenten wie Schwedenklee oder Inkarnatklee, dass diese frische organische Masse die Bodengare bis zum Frühjahr hinüberrettet. Das sind zudem Kulturen, die in Kartoffeln keinerlei Probleme machen“, ist Weßling überzeugt.
Vor der zweiten Hackfrucht, der Zuckerrübe, stehen Mischungen unter anderem mit den Komponenten Phacelia, Klee und Öllein: Phacelia in erster Linie für die Bodengare, Klee für den Stickstoffeintrag und der Öllein als Garant für Wachstum.
Licht und Schatten
Eine vollumfängliche, fruchtfolgeübergreifende Direktsaat kommt für diesen Betrieb wegen des Kartoffelanbaues nicht infrage. Trotzdem möchte Lukas Weßling den Boden so oft wie möglich in Ruhe lassen, damit sich ein aktives Bodenleben aufbauen kann. Zudem wird so die bereits angesprochene Erosion gebremst. Die Verminderung der Erosion ist für ihn ein wichtiges Thema: „Wir können in diesem Punkt nicht so weitermachen wie bisher. Meines Erachtens erhält die Erosion und der damit verbundene mittel- und langfristige Humusabbau auf vielen Betrieben nicht die notwendige Aufmerksamkeit.” Obwohl viele Flächen nur leichtes Gefälle haben und der Boden über erhebliche Lehmanteile verfügt, ist die Erosion nach dem starken Regen des Sommers 2024 besonders in den Fahrspuren ganz erheblich.
Als Weßling bei Zwischenfrüchten die Direktsaat erstmalig testete, hatte er also vor allem den Boden im Blick. Hinzu kommen aber auch noch Vorteile wie Arbeitszeit- und Dieselersparnis und – ganz wichtig – auch eine verlängerte Vegetationszeit für die Zwischenfrucht. „Mehr Zeit bedeutet mehr Wachstum und auch eine bessere Wirkung in allen Punkten inklusive der Reduzierung von Krankheiten und Nematoden. Das war die theoretische Überlegung bei Planung der ersten Testflächen von wenigen Hektar. Danach war ich so überzeugt, dass ich die Partner der GbR davon überzeugen konnte, für diese Saison entsprechende Technik anzuschaffen!“
Die Testphase hat folgende Vorteile der Direktsaat gezeigt:
- Sehr guter Erosionsschutz – um diesen noch zu verbessern, sollen zukünftig in Getreide keine Fahrgassen mehr angelegt werden. Bei Mais und Raps wird bereits einfach 7 Grad diagonal zu den festen Fahrgassen gelegt.
- Durch die verlängerte Vegetationszeit werden Nährstoffe und Kohlenstoff früh gebunden. Probleme mit aussamenden Pflanzen gab es bisher nie. Die frühen Bestände werden aber auch im Blick behalten, um zur Not eingreifen zu können.
- Bodenleben konnte gefördert werden, die Aktivität von Regenwürmern und Co. hat sichtbar zugenommen.
Wo Licht ist, ist auch Schatten! Nachteile und Einschränkungen des Verfahrens müssen daher auch angesprochen werden.
- Wenn es sich zeitlich nicht realisieren lässt, unmittelbar nach der Getreideernte zu säen, ist eine Bekämpfung des Ausfallgetreides (z. B. mit Herbiziden) unabdingbar. Insbesondere die Phacelia tut sich sonst unter der Konkurrenz des Ausfallgetreides schwer.
- Das Verfahren leidet maßgeblich bei Schadverdichtungen auf dem Acker, z. B. durch schwere Erntemaschinen, und durch schlecht verteiltes Stroh. Hier ist der Feldaufgang dann sehr schlecht.
- Es kann zu einer Zunahme von Mäusen und Schnecken kommen.
Aussaattechnik muss passen
Weßling hat nach dem erfolgreichen Testjahr mit 9 Hektar investiert und sich die entsprechende Technik zugelegt. Die Drille von Agrisem BOSS mit 6 m Arbeitsbreite und 18,75 cm Reihenabstand hat drei Saattanks, die auch für Dünger genutzt werden können. Sie wurde in der aktuellen Saison bereits auf 300 Hektar eingesetzt. Bei der Wahl der Maschine war es ihm wichtig, dass das Gerät über einen Schneckenkornstreuer verfügt und über eine Einzelscharaufhängung, damit die Ablagetiefe auch bei Bodenunebenheiten wie Fahrspuren gleichmäßig bleibt.
Für eine präzise Ablage ist auch eine angepasste Fahrgeschwindigkeit relevant. Mit gemächlichen 8 km/h wird zudem wenig Boden bewegt. Bei der Ablagetiefe ist das Optimum noch nicht gefunden, wie der Betriebsleiter ausführt: „Es hat sich dieses Jahr gezeigt, dass 3 cm die Feinsämerei Raps überfordert hat. Ich werde mich zukünftig trauen, flacher zu legen und denke, dass das Optimum bei 1,5-2 cm liegen wird. Allerdings ist das auch immer von den zu erwarteten Niederschlägen abhängig.“
Schon beim Getreide Fehler vermeiden!
Da in die Getreidestoppel gesät wird, stellt sich die Frage, auf was man im Getreide schon achten muss, um die Entwicklung der Zwischenfrucht nicht zu behindern. Der Getreidebestand sollte vor der Ernte möglichst frei von Unkräutern sein. Bei einigen Frühjahrsherbiziden (z. B. Sulfonylharnstoffe) kann es zu Schäden in der folgenden Zwischenfrucht kommen. Der Zusatz in den Gebrauchsanweisungen „Schäden an zweikeimblättrigen Zwischenfrüchten und Winterraps möglich“ sollte aufhorchen lassen! Besser ist es, den Schwerpunkt der Unkrautkontrolle im Wintergetreide auf den Herbst zu legen. Wird parallel zur Getreidestoppel gesät, besteht die Gefahr, in der Stoppelreihe abzulegen. Lukas Weßling sät die Zwischenfrucht daher in einem Winkel von ca. 7 Grad zur Getreidestoppel. Der (zukünftige) Verzicht auf die Anlage von Fahrgassen wird auch die Verdichtungen reduzieren und zudem die Erosion vermindern. Mit einer kurzen Stoppellänge wird ein späteres Nachmulchen vermieden. Bei der Getreideernte müssen Schadverdichtungen durch z. B. zu schmale Bereifung unbedingt vermieden werden. Auch auf eine gleichmäßige Verteilung des Strohs und ggf. des Ausfallgetreides ist zu achten.
Fazit
Lukas Weßling: „Grundsätzlich überwiegen bei der Direktsaat von Zwischenfrüchten die Vorteile und ich sehe nicht, dass bestimmte Bodentypen per se nicht geeignet wären. Nur bei Vorhandensein von Schadverdichtungen sollte man zunächst dieses Problem in den Griff bekommen. Ich rate zu einem Test mit Leihmaschinen oder über ein Lohnunternehmen. Für unseren Betrieb jedenfalls ist die Direktsaat wichtig, die ‚Baustelle’ Erosion und verbesserte Bodenschonung in den Griff zu bekommen.“
Das Gespräch führten Michael Robert und Dr. Anke Boenisch
Schnell gelesen (Kurzfassung):
Der Betriebsleiter Lukas Weßling setzt auf Kartoffeln als Hauptkultur und betont die Bedeutung von Zwischenfrüchten für Ertragssicherung und Bodenqualität. Mit dem Fokus auf Humus und Erosionsschutz kombiniert er erfolgreich Ölrettich und Sommerwicke und arbeitet vor Zuckerrüben auch mit weiteren Zwischenfruchtmischungen. Die Direktsaat der Zwischenfrucht in die Getreidestoppel erfordert eine angepasste Saat-Technik. Weßling setzt auf die Vorteile der Direktsaat, spricht hier aber auch über die Nachteile und warnt aber davor, Direktsaat bei z. B. vorhandenen Schadverdichtungen einzusetzen.
Ein weiters Anliegen des Betriebsleiters ist es, die Bodenerosion auf den leicht geneigten Flächen in den Griff zu bekommen. Eine Maßnahme in diesem Zusammenhang wird es sein, in einigen Kulturen zukünftig auf die Anlage von Fahrgassen zu verzichten.